Die Ampel steht auf Grün
Welche Koalitionen jetzt auch für den Bund möglich werden
Berlin – „Alles ist möglich.“Es gibt niemanden in den anderen Parteien, der Grünen-Chef Robert Habeck in dieser Schlussfolgerung aus den Wahlergebnissen in BadenWürttemberg und RheinlandPfalz vom Sonntag mit Blick auf den Bund widersprochen hätte.
Für den einen mag das schmerzhaft sein, wie die Union und dem neuen CDUChef Armin Laschet. Andere dagegen, wie die Wahlsieger von den Grünen, auch die Sozialdemokraten und selbst die FDP, sehen ganz neue Optionen für Regierungsbündnisse, die bisher eher unrealistisch schienen. Das gilt speziell für die Ampel aus SPD, Grünen und FDP, wie sie bisher in Rheinland-Pfalz regiert und erstmals von den Wählern bestätigt wurde.
Von Schwarz/Grün dagegen, über Monate der große Schlager in den Diskussionen, spricht am Tage nach den Wahlen kaum mehr jemand. Dabei bleibt auch diese Variante für den Bund auf dem Tisch und könnte – unter grüner Führung – in Baden-Württemberg durchaus weitere fünf Jahre regieren.
■ Laschet einsilbig
CDU-Chef Armin Laschet, der sich etwas überraschend erst am Montag zu den Ergebnissen aus Stuttgart und Mainz äußert, bleibt schmallippig. „Enttäuschend“wertet er knapp die schlechten CDUZahlen bei den beiden Landtagswahlen. Haben die Auswirkungen
auf die offene Frage des Unions-Kanzlerkandidaten, der zwischen Ostern und Pfingsten gekürt werden soll? „Da bin ich mir mit Markus Söder einig: keine“, antwortet Laschet knapp.
Länger spricht er von der unsteten Corona-Politik. „Hier müssen wir besser werden.“Den Vorwurf, er, Laschet, sei zu wenig in Berlin präsent, weist er hingegen zurück.
■ Grüne Fragezeichen
Die wahren Wahlsieger sind die Grünen. Deren Führungspersonal Habeck und Annalena Baerbock ist sichtbar gemüht, bei aller Freude den Ball flach zu halten. Habeck sieht seine Partei weiterhin als den „Underdog“im Bundestagswahlkampf, auch wenn die Partei „stark ins Superwahljahr“
gestartet sei. Er spricht immerhin von „sehr, sehr großen grünen Ausrufezeichen“. Baerbock unterstreicht besonders, dass die Grünen mit Baden-Württemberg in einem Industrieland – und das in Krisenzeiten – erneut Nummer eins geworden sind. „Was in der Herzkammer der deutschen Industrie möglich ist, das kann auch im Bund möglich sein“, sagt sie.
In den zwei wichtigsten Punkten allerdings bleiben beide leise: In der Frage, mit wem sie am liebsten nach der Bundestagswahl am 26. September koalieren würden und wer von ihnen am Ende als Kanzlerkandidatin beziehungsweise -kandidat in den Ring steigt. Für „absurd“hält es Habeck, schon jetzt über Bündnisse für eine Regierung zu sprechen und eine Ampelkoalition
hochzuschreiben. Es gebe mehrere Möglichkeiten und noch ganz viele Unwägbarkeiten. „Das schließt nichts aus (…), aber präjudiziert auch gar nichts“, macht er deutlich.
■ Scholz sieht Chancen
Der SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz ist vor allem eines wichtig: Sie sieht Chancen, ein Bündnis jenseits der Union bilden und führen zu können. „Dass das möglich ist, ist am Sonntag sichtbar geworden in den Wahlen.“Scholz wird fast schon euphorisch. „Es ist möglich ein Land zu regieren, es ist möglich Deutschland zu regieren, ohne dass CDU und CSU an der Regierung beteiligt sind.“Diese Botschaft sitze jetzt. Ein eindeutiges Bekenntnis zum Ziel einer Ampel aber vermeidet er.
■ Auch FDP will Wechsel
Das tut ausdrücklich auch die FDP, die in Rheinland-Pfalz Teil einer solchen Ampel-Koalition ist und sich ähnliches auch in Baden-Württemberg wünscht. Parteichef Christian Lindner sagte zwar mit Blick auf den Bund: „Eine Wechselstimmung wollen wir durchaus.“Die Liberalen strebten nach 16 Jahren mit Bundeskanzlerin Angela Merkel von der CDU etwas Neues an.
Andererseits verweist Lindner auf tiefe politische Differenzen zur SPD, wie zu den Grünen auf Bundesebene. Dennoch sei die Ampel eine Möglichkeit. „Es spricht grundsätzlich nichts dagegen.“Es gebe aber eben noch andere Möglichkeiten – auch unter Mitwirkung der Union, der sich die FDP politisch am nächsten fühlt.