Land sieht wenig Chancen für Osterurlaub
Auch Bund rät von Reisen ab – Regierung stoppt Astrazeneca-Impfung
Hannover – Angesichts der Verschärfung der Corona-Lage sieht die niedersächsische Landesregierung kaum noch eine Chance auf Osterurlaub im eigenen Land. „Die Situation sieht nicht so aus, als ob wir das realisieren können“, sagte Regierungssprecherin Anke Pörksen am Montag. Auch die Bundesregierung appellierte an die Bürger, auf Urlaubsreisen zu verzichten.
■ Neuinfektionen
Pörksen sagte, die Zahl der Neuinfektionen und der Corona-Patienten auf den Intensivstationen steige. Es helfe auch nicht, Urlauber etwa vor dem Betreten der Fähren zu den Nordseeinseln zu testen: Selbst ein negatives Testergebnis in diesem Moment gebe keine Gewissheit, dass die Betroffenen sich nicht in den Tagen zuvor oder auf der Bahnfahrt zur Fähre infiziert haben.
■ Inzidenz-Wert
Wie die stellvertretende Leiterin des Corona-Krisenstabs der Landesregierung, Claudia Schröder, sagte, könnte die Sieben-Tage-Inzidenz nach Berechnung des Landesgesundheitsamts bis Ostern auf landesweit 100 steigen. Am Montag stieg sie auf 79,1 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner. Am Montag vor einer Woche lag der Wert noch bei 64,7.
■ Bedrohte Kreise
Der Sieben-Tage-Wert liegt in zehn Regionen über der Marke von 100, die entscheidend ist für Lockerungen. Am höchsten ist die Inzidenz in der Stadt Salzgitter (191,8), gefolgt von den Landkreisen Peine (164,7), Cloppenburg (149,4) und Wesermarsch (125,3), der Stadt Osnabrück (122,2), der Region Hannover (122,1) sowie den Landkreisen Leer (121,8), Vechta (116,2), Celle (102,8) und Emsland (100,6).
■ Impftermine
Nach dem Start der Terminvergabe für Corona-Impfungen an Menschen der zweithöchsten Priorität sind in Niedersachsen bereits 420 000 Personen auf der Warteliste.
■ Astrazeneca-Stopp
Auch Deutschland setzt nun die Impfungen mit dem Astrazeneca-Mittel aus. Es gibt Berichte über gefährliche Blutgerinnsel. Das wird auch in Niedersachsen die Impfkampagne verlangsamen.
■ Warum der AstrazenecaImpfstoff nun doch ausgesetzt wird, lesen Sie auf
Berlin – Die Entscheidung platzte mitten hinein in einen laufenden Impftag. Das war auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) klar, wie er am Montag in Berlin sagte. Deutschland setzt jetzt – wie schon einige andere europäische Länder – den Covid19-Impfstoff von Astrazeneca vorerst nicht mehr ein. Als „reine Vorsichtsmaßnahme“, um Auffälligkeiten in seltenen Fällen wissenschaftlich zu überprüfen, wie Spahn deutlich machte. Wichtige Fragen sind damit aber offen – was die Hoffnung auf Impf-Fortschritte angeht und das ImpfVertrauen.
Warum nun der vorläufige Stopp für Astrazeneca
Das zuständige Paul-EhrlichInstitut (PEI) meldete sich am Mittag mit einer entsprechenden Empfehlung, erläuterte Spahn. Hintergrund seien sieben in Deutschland gemeldete Fälle von Thrombosen der Hirnvenen, die im zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen stünden – bei inzwischen mehr als 1,6 Millionen Impfungen mit Astrazeneca. Der Tragweite dieser Entscheidung sei er sich sehr bewusst, sagte der Minister. Es gehe aber klar um eine fachliche und keine politische Entscheidung. Daher folge er der Empfehlung des PEI.
Wie lange soll der Stopp für Astrazeneca dauern
Der vorgesehene Fahrplan liegt nun erst einmal auf Eis. Als nächstes prüft die europäische Arzneimittelbehörde (Ema) die Sache. Ihr Sicherheitsausschuss will am Donnerstag entscheiden, wie die Ema mitteilte. Wie Spahn erklärte, sollen schon an die Bundesländer ausgelieferte Dosen dort zunächst bleiben, anstehende weitere Lieferungen will der Bund vorerst in seinem Zentrallager lassen.
Wie wichtig ist Astrazeneca für die Impfungen
Für den Fortschritt der Covid19-Impfungen sollte das Mittel von Astrazeneca eigentlich eine immer bedeutendere Rolle spielen. Es muss nicht so aufwendig gekühlt werden wie das Biontech-Präparat und ist leichter auch in normalen Praxen zu lagern. Gerade erst wurde Astrazeneca nach neuen Studiendaten auch für Ältere empfohlen und nicht nur wie beim Start nur für Menschen zwischen 18 und 64 Jahren. Und bis Ende März sollen mehr als zwei Millionen frische Dosen hinzukommen. Allerdings sollen auch die Mengen der anderen Impfstoffe vor allem von Biontech/Pfizer und Moderna stark hochgehen. Bei den bislang in Deutschland verabreichten Dosen macht der Impfstoff von Astrazeneca einen Anteil von 17 Prozent aus.
Was passiert jetzt in Niedersachsen
Der Astrazeneca-Stopp bremst die Impfkampagne in Niedersachsen aus. Welche konkreten Folgen dies für die Terminvergabe oder den Umgang mit Lagerbeständen hat, werde nun analysiert und bewertet. Inwiefern auch bereits gebuchte Termine abgesagt werden müssen, konnte das Gesundheitsministerium
in Hannover am Montag noch nicht sagen. Bislang wurden 295 200 Astrazeneca-Impfdosen nach Niedersachsen ausgeliefert. 134 549 Dosen wurden bereits verabreicht.
Könnte man einen anderen Impfstoff für die nötige zweite Dosis nutzen
Noch läuft es so: Wer die erste Spritze mit Astrazeneca-Impfstoff erhält, bekommt auch die zweite von Astrazeneca. Theoretisch wäre es auch möglich, verschiedene Impfstoffe zu spritzen – das wäre Experten zufolge immunologisch wahrscheinlich kein Problem. Jedoch liegen zu einer solchen Mischung keine Studiendaten vor, auch eine Zulassung gibt es nicht. Der vorläufige Stopp dürfte aber zunächst kaum für Probleme bei der zweiten Dosis sorgen, so er nicht länger dauert: Zwischen Erst- und Zweitimpfung sollen bei Astrazeneca möglichst zwölf Wochen liegen. Nach Daten des Robert Koch-Instituts von Montag haben bisher gut 1,6 Millionen Menschen eine Erstimpfung erhalten – bei vielen ist noch Zeit, bis die zweite Dosis ansteht.