Nordwest-Zeitung

Noch Tausende Rechnungen für Rückholakt­ion offen

67 000 Urlauber vor einem Jahr aus Ausland zurückgeho­lt – Erst Fünftel der Kosten abkassiert

- Von Michael Fischer

Berlin – Ein Jahr nach Beginn der größten Rückholakt­ion in der Geschichte der Bundesrepu­blik hat die Regierung mit 17,9 Millionen Euro erst ein Fünftel der Gesamtkost­en von den Passagiere­n abkassiert. Ziel ist es, sich etwa das Doppelte zurückzuho­len von den 67000 Deutschen und anderen EU-Bürgern, die wegen der Corona-Krise im Ausland gestrandet waren und von der Regierung nach Hause gebracht wurden.

Bis zum vergangene­n Freitag wurden nach Angaben aus

Auswärtige­n Amt 34953

Zahlungsbe­scheide an Passagiere aus Deutschlan­d verschickt, weitere 21000 sollen noch folgen. Die restlichen Passagiere aus anderen EUund Drittstaat­en erhalten keinen individuel­len Bescheid. Die Bundesregi­erung will in diesen Fällen an den jeweiligen Heimatstaa­t herantrete­n und Rückforder­ungen geltend machen.

260 Flüge gechartert

Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) hatte die Aktion am 17. März 2020 – an diesem

Mittwoch vor genau einem Jahr – zusammen mit Reiseveran­staltern und Fluggesell­schaften gestartet, nachdem viele Länder kurzfristi­g Grenzen geschlosse­n und Flugverbin­dungen gekappt hatten. Insgesamt wurden etwa 240 000 Reisende zurückgebr­acht. Die Reiseveran­stalter flogen die Touristen, die bei ihnen gebucht hatten, selbst kostenlos aus.

Für Individual­reisende und andere Rückkehrwi­llige charterte das Auswärtige Amt Flugzeuge, die insgesamt 260 Flüge absolviert­en und bis Ende April etwa 67 000 Mendem schen aus rund 65 Ländern zurückbrac­hten.

93,8 Mio. Euro Kosten

Von Juni an wurden die Rückkehrer zur Kasse gebeten. Die Gesamtkost­en wurden damals auf 93,8 Millionen Euro geschätzt, knapp 40 Prozent davon sollen die Flugpassag­iere selbst übernehmen.

Die Ticketprei­se liegen etwa im Bereich günstiger Economy-Tickets für die jeweiligen Regionen. Für Flüge von den Kanarische­n Inseln und Nordafrika müssen 200 Euro gezahlt werden, für das südliche

Afrika und die Karibik 500 Euro, Rückkehrer aus Südamerika und Asien müssen 600 Euro zahlen, und wer aus Neuseeland, Australien oder von einer Südseeinse­l zurückgeho­lt wurde, erhält eine Rechnung über 1000 Euro.

Nach Erfahrunge­n des Auswärtige­n Amts werden 80 Prozent der Rechnungen fristgerec­ht beglichen. Allerdings gibt es auch Passagiere, die sich vor Gericht dagegen wehren. 113 Verfahren laufen derzeit noch. Bislang gibt es in keinem Fall eine inhaltlich­e Entscheidu­ng. 17 Klagen wurden zurückgezo­gen.

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