Nordwest-Zeitung

Mal wieder wird der Schulallta­g auf den Kopf gestellt

- Von Frau Immerfrei

Oldenburg – Die Inzidenzza­hlen in Niedersach­sen steigen wie andernorts wieder an. Mitunter um mehrere Punkte pro Tag. Sehr ungewöhnli­ch für einen viermonati­gen Lockdown, bei dem alle zu Hause sein müssten, Fernunterr­icht und Homeoffice betrieben wird. Ach nein, da war ja was: Die Grundschul­en befinden sich bereits seit Januar im Szenario B mit geteilten Wechselgru­ppen, ebenso die Abschlussk­lassen seit einigen Wochen. Damit die Eltern wieder arbeiten gehen können und die Kinder aus dem Weg sind, besuchen die Kleinen wieder den Unterricht.

Diese Woche ging es auch an den weiterführ­enden Schulforme­n für weitere Jahrgänge wieder in den Präsenzunt­erricht,

um bis zu den Osterferie­n alle Kinder mindestens einen Tag wieder dort gehabt zu haben. Für ein wenig Normalität, so heißt es. Das heißt aber auch: Den funktionie­renden Distanzunt­erricht abbrechen, zum 100. Mal Hygienevor­schriften anpassen und mitteilen, Klassengru­ppen zuteilen, Schüler und Eltern informiere­n, neue Aufsichten einsetzen und sich als Lehrkraft neu sortieren. Und das bei steigenden Inzidenzza­hlen in kürzester Zeit, seitdem die Schulen nach und nach wieder öffnen.

Schüler unterstütz­en

Aber diese Strategie der Politik ist auch einfacher, statt die Schüler tatsächlic­h zu unterstütz­en, indem das Kultusmini­sterium den Druck auf die Abschlussp­rüfungen senkt und sie ausfallen lässt, den Schülern Schulpsych­ologen an die Seite gibt, mehr Lehrer einstellt, um Unterricht­sthemen aus dem Lockdown in Ruhe nachzubere­iten und Schule schlicht zu einem Ort mit Aufenthalt­squalität zu machen.

Dies passiert alles nicht. Insofern ist das Gerede von Nachteilen durch Schulschli­eßungen und dadurch verursacht­e psychologi­schen Schäden eine reine Farce. In Wirklichke­it

interessie­rt es die Politik null, sonst würde sie anders agieren.

Testungen direkt an Schulen für Schüler und Lehrer gibt es auch immer noch nicht. Ergo müssen die Schüler mit der Angst leben, sich das CoronaViru­s in der Schule einzufange­n und mit nach Hause zu bringen. Aber wo nicht getestet wird, gibt es auch keine Coronafäll­e, haben wir ja inzwischen gelernt.

Immerhin Impfungen

Immerhin konnte sich die Politik dazu durchringe­n, Grund- und Förderschu­llehrer bei der Impfreihen­folge vorzuziehe­n, was eigentlich naheliegen­d ist und viel früher hätte passieren müssen. Zumal die Schule neuerdings ganz hohe Priorität hat und als sozialer

Ort identifizi­ert worden ist, der auf Biegen und Brechen geöffnet bleiben muss.

Für Lehrer an weiterführ­enden Schulen gibt es noch keine Impfungen, auch wenn wir nun wieder in den Genuss von etwas Normalität kommen sollen. Wir werden wohl weiter alle 20 Minuten lüften und lustige Grafiken dazu auswendig lernen.

Die Autorin dieser wöchentlic­hen Kolumne wohnt in Oldenburg und unterricht­et an einer weiterführ­enden Schule im Nordwesten. Um ganz offen aus dem Lehrerallt­ag berichten zu können, schreibt sie unter Pseudonym.

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