Zum vierten Mal Mark Rutte
Der neue niederländische Regierungschef ist der alte – EU erwartet ein selbstbewusster Premier
Den Haag – Für Überraschungen waren die Niederländer auch dieses Mal nicht zu haben: Zum vierten Mal löst der 54-jährige Mark Rutte sich selbst als Ministerpräsident des 17,2 Millionen Einwohner zählenden Landes ab.
Seit 2010 regiert der smarte Politiker nun bereits die Niederlande. Er wird auch in den kommenden vier Jahren an der Spitze einer Regierung stehen. Das signalisierten die ersten Trends am späten Mittwochabend. Demnach kommt seine Partei für Freiheit und Demokratie (VVD) auf 23 Prozent und 35 Sitze (plus zwei), während sein schärfster Konkurrent, der Rechtspopulist Geert Wilders, mit spürbaren Verlusten (minus 3 Sitze) rechnen muss.
Großer Gewinner der Wahl dürfte Ruttes bisheriger Koalitionspartner D66 (plus acht auf 27 Sitze) sein. Die Linksliberalen wurden sogar zur zweitstärksten Kraft in der Tweeden Kamer mit 150 Sitzen, dem Parlament. Sozialdemokraten und Grünen liegen abgeschlagen auf den hinteren Plätzen.
Ruttes sprichwörtliche Flexibilität, die ihm seine Gegner gerne als Opportunismus auslegen, wird in den kommenden Tagen auf die Probe gestellt. Denn die D66 dürfte nun mehr Gewicht im nächsten Kabinett fordern – auch wenn Rutte noch mindestens zwei weitere Partner suchen muss, um mit stabiler Mehrheit regieren zu können. Der alte und neue Premier profi
tierte von der Corona-Krise, in der er sich einmal mehr als Macher präsentieren konnte.
Impfstart verschlafen
Dass sein Land den Impfstart Ende Dezember fast verschlief, weil man nicht damit gerechnet hatte, dass der Impfstoff von Biontech als erstes Vakzin die EU-Zulassung erhielt und deshalb überall geeignete Tiefkühl-Schränke fehlten, wurde seinem christdemokratischen Gesundheitsminister Hugo de Jonge angelastet. Eine bittere Affäre um staatliche Kinderbetreuungshilfen, bei der jahrelang etliche Tausend Familien fälschlicherweise des Betrugs bezichtigt wurden, musste der damals zuständige sozialdemokratische Minister tragen. Rutte
blieb sauber, trat zwar vor Wochen zurück, weil man das
eben so tut. Die Niederländer rechneten ihm die Geste jedoch hoch an.
Zunehmend emanzipiert
Ruttes Wiederwahl ist für Europa eine zwiegespaltene Botschaft. Zum einen hat der Premier lange den engen Schulterschluss mit der deutschen Bundeskanzlerin gesucht, sich dann aber mehr und mehr emanzipiert. Inzwischen gibt er sich als Frontmann der „sparsamen Vier“, wie die Niederlande, Dänemark, Schweden und Österreich sich gern nennen lassen, seit sie bei den Verhandlungen über den Haushaltsrahmen der EU eine scharfe Ausgabenkontrolle durchsetzten.