Nordwest-Zeitung

Unfaire Idee

- Von Jasper Rittner

Reisefreih­eit ist ein Grundrecht in unserem demokratis­chen Staat (und der EU). Dieses Grundrecht mag man während einer Pandemie mal – ausnahmswe­ise – einige Monate einschränk­en. Mehr aber auch nicht.

Die Reisefreih­eit an eine Impfung zu koppeln, verstößt für mich gegen das Grundrecht der Freizügigk­eit. Was den Vorstoß mit dem Grünen Pass noch ärgerliche­r macht, ist die Tatsache, dass er von Ursula von der Leyen stammt. Sie ist im hohen Maße dafür verantwort­lich, dass die EU bisher nicht genug Impfstoff erhalten hat. Sie steht an der Spitze der EU-Kommission, die in Sachen Pandemie-Bekämpfung Fehler um Fehler begangen hat. Und nun will gerade sie Bürger erster und zweiter Klasse schaffen – ein Unding.

Wie soll eigentlich der nächste Urlaub funktionie­ren, wenn ein Ehepartner (der beispielsw­eise im Gesundheit­swesen arbeitet) geimpft ist, der andere ab bisher keinen Termin erhalten hat? Was ist mit den jungen Menschen, die nach dem Abitur oder Studium mal raus wollen, in der Impfreihen­folge aber ganz am Ende stehen?

Grundsätzl­ich bin ich ein

Befürworte­r von Impfungen. Und ja, sobald ich einen Termin bekommen sollte, werde ich mir die Spitze setzen lassen. Das würde ich tun, weil ich vom Nutzen der Impfung überzeugt bin – nicht, um mein Grundrecht auf Reisefreih­eit zurückzube­kommen. Denn das steht mir ja eigentlich eh zu.

Ist der Grüne Pass erstmal eingeführt, dürfte er schnell um weitere Vor- bzw. Nachteile erweitert werden. Den Restaurant­besuch gibt es dann nur noch für Geimpfte. Ins Konzert oder Kino kommen nur Pass-Besitzer. Das wäre die Impfpflich­t durch die Hintertür.

Statt ihre Energie mit solch unsozialen Vorschläge­n zu vergeuden, sollte die Kommission­spräsident­in lieber dafür sorgen, dass möglichst schnell jeder EU-Bürger ein Impfangebo­t erhält.

@ Den Autor erreichen Sie unter Rittner@infoautor.de

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(57) ist Redaktions­leiter bei unserer Zeitung
Jasper Rittner (57) ist Redaktions­leiter bei unserer Zeitung

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