Isolation ist ein Problem
Dr. Uwe Lankenfeld über Situation in Altenheimen
Ein Großteil der Altenheimbewohner ist geimpft. Hat Corona seinen Schrecken für diese Menschen verloren?
Dr. Uwe Lankenfeld: Mit dem Rückgang der Inzidenz bei den über 80-Jährigen und bei Bewohnern von Altenheimen ist ein großer Schritt in die richtige Richtung gelungen. Gelöst ist das Problem aber nicht. Dafür müssten noch mehr Mitarbeiter zur Impfung bereit sein. Mit Blick auf die Beherrschbarkeit der Pandemie kann man erst wirklich zuversichtlich sein, wenn ein Großteil der über 60-Jährigen und der Menschen mit schweren Vorerkrankungen geimpft ist.
Ist eine Lockerung der Zugangsbeschränkungen in den Altenheimen möglich?
Lankenfeld: Einerseits wird die derzeit praktizierte Teststrategie noch für längere Zeit unabdingbar sein. Dessen ungeachtet wird es nach und nach zu Lockerungen kommen können. Voraussetzung ist, dass alle Bewohner und Mitarbeiter geimpft sind. Noch bestehende Impflücken müssen so schnell wie möglich geschlossen werden. Nur so ist es möglich, die alten Menschen wieder aus der Isolation herauszuführen.
Sind alte Menschen am „gebrochenen Herzen“gestorben? Lankenfeld: Meine Beobachtung ist, dass die coronabedingte Isolation bei vielen geistig gesunden Altenheimbewohnern zu Vereinsamung und Verzweiflung geführt hat – bis hin zu ernsthaften seelischen Problemen. Ich habe zum Beispiel eine Heimbewohnerin
erlebt, die nicht mehr essen und trinken wollte, und schließlich auch gestorben ist. Seelische Traumata haben nicht nur einen hohen Leidensdruck erzeugt. Sie sind in Altenheimen auch für viele Todesfälle zumindest mitverantwortlich.
Was erwarten Sie für die Zukunft?
Lankenfeld: Wenn die über 80Jährigen geimpft sind, können sie wieder weitgehend normal leben. Der Fortschritt bei den Impfungen ist hier ein Hoffnungsschimmer. Die Sterberate in dieser Altersgruppe geht deutlich zurück, was die positive Wirkung der Impfungen beweist. Ich bin zuversichtlich, dass wir zumindest bei den älteren Menschen in den nächsten Wochen und Monaten das Schlimmste überstanden haben werden.