Nordwest-Zeitung

Isolation ist ein Problem

Dr. Uwe Lankenfeld über Situation in Altenheime­n

- Von Klaus Hilkmann

Ein Großteil der Altenheimb­ewohner ist geimpft. Hat Corona seinen Schrecken für diese Menschen verloren?

Dr. Uwe Lankenfeld: Mit dem Rückgang der Inzidenz bei den über 80-Jährigen und bei Bewohnern von Altenheime­n ist ein großer Schritt in die richtige Richtung gelungen. Gelöst ist das Problem aber nicht. Dafür müssten noch mehr Mitarbeite­r zur Impfung bereit sein. Mit Blick auf die Beherrschb­arkeit der Pandemie kann man erst wirklich zuversicht­lich sein, wenn ein Großteil der über 60-Jährigen und der Menschen mit schweren Vorerkrank­ungen geimpft ist.

Ist eine Lockerung der Zugangsbes­chränkunge­n in den Altenheime­n möglich?

Lankenfeld: Einerseits wird die derzeit praktizier­te Teststrate­gie noch für längere Zeit unabdingba­r sein. Dessen ungeachtet wird es nach und nach zu Lockerunge­n kommen können. Voraussetz­ung ist, dass alle Bewohner und Mitarbeite­r geimpft sind. Noch bestehende Impflücken müssen so schnell wie möglich geschlosse­n werden. Nur so ist es möglich, die alten Menschen wieder aus der Isolation herauszufü­hren.

Sind alte Menschen am „gebrochene­n Herzen“gestorben? Lankenfeld: Meine Beobachtun­g ist, dass die coronabedi­ngte Isolation bei vielen geistig gesunden Altenheimb­ewohnern zu Vereinsamu­ng und Verzweiflu­ng geführt hat – bis hin zu ernsthafte­n seelischen Problemen. Ich habe zum Beispiel eine Heimbewohn­erin

erlebt, die nicht mehr essen und trinken wollte, und schließlic­h auch gestorben ist. Seelische Traumata haben nicht nur einen hohen Leidensdru­ck erzeugt. Sie sind in Altenheime­n auch für viele Todesfälle zumindest mitverantw­ortlich.

Was erwarten Sie für die Zukunft?

Lankenfeld: Wenn die über 80Jährigen geimpft sind, können sie wieder weitgehend normal leben. Der Fortschrit­t bei den Impfungen ist hier ein Hoffnungss­chimmer. Die Sterberate in dieser Altersgrup­pe geht deutlich zurück, was die positive Wirkung der Impfungen beweist. Ich bin zuversicht­lich, dass wir zumindest bei den älteren Menschen in den nächsten Wochen und Monaten das Schlimmste überstande­n haben werden.

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