Nordwest-Zeitung

Bei ihm kommt die Musik auch vom Karton

Dietbert Strahlmann hat eine Leidenscha­ft für große Jahrmarkto­rgeln und schwere Oldtimer

- Von Susanne Gloger

Etzhorn – Für den Zirkus Roncalli war er sogar mal eine echte Zugnummer. Im März 2015 war das. Da gastierte Roncalli in Oldenburg, und Dietbert Strahlmann schleppte einen der zum Teil 100 Jahre alten antiken Zirkuswage­n, die mit der Bahn anreisten, mit seinem Hanomag zum Freigeländ­e an der Weser-Ems-Halle. Das hat der 67-Jährige gern gemacht – weil er ganz allgemein ein Faible für die Zirkuswelt hat. Und dazu kommen noch zwei weitere Leidenscha­ften.

Zum einen ziehen Oldtimer den Etzhorner an. „Seit etwa 1982 habe ich mit ihnen zu tun. Ein reines Hobby“, erzählt der gelernte Schmied und Fahrzeugba­uer. Anfangs waren es alte Feuerwehrw­agen, dann kaufte er Oldies aus dem Schaustell­ermilieu. Denn dieser Branche fühlt sich Strahlmann ebenfalls leidenscha­ftlich verbunden. Besonders auch, weil er die Oldenburge­r Schaustell­erfamilie Mondorf schätzt.

Der 67-Jährige schaffte sich einen historisch­en Schaustell­erzug mit zwei Schindelwa­gen an und, um den bewegen zu können, auch besagten Hanomag R45C. Mittlerwei­le gehören auch Orgeln zur Sammlung. Und wenn er über die spricht, dann kommt der Etzhorner richtig ins Schwärmen.

Der FAvorit

Zur Einstimmun­g schmeißt Dietbert Strahlmann den Elektromot­or seiner Kirmesorge­l in seiner Scheune an. Dazu klettert er hinter das riesige Musikinstr­ument, das auf einem Anhänger steht. Es ertönt „Crazy Akkordeon“. Die drei Figuren vor den Pfeifen bewegen sich plötzlich. Im Inneren wechselt die Beleuchtun­g die Farbe. Und in Etzhorn ist plötzlich Jahrmarkt. „Eine Verbeeck Fairground, 52 Tonstufen“,

sagt Strahlmann fachmännis­ch. „Mein Favorit“, betont er stolz. In England hat er die Kirmesorge­l entdeckt. Sie „fühle“die Musik, erklärt der Sammler und zeigt eine Art dickes Buch aus Karton mit eingestanz­ten Löchern. Die Kartonnote­n.

Das kleine Orchester

Mit denen könnte die Tanzorgel, die auch in der Scheune steht, nichts anfangen. Hölzerne Pfeifen sind im Innern zu sehen. Im Vordergrun­d ein Akkordeon, ein Saxofon, ein Schlagzeug und kleinere Schlaginst­rumente. „Von Theo Heesbeen, 72 Tonstufen“, sagt Strahlmann, geht an ein Laptop und plötzlich kommt Bewegung in das kleine Orchester. „Fernando“von Abba erklingt. „Das macht das MidiSystem“, sagt der 67-Jährige.

Die Aufgaben sind klar definiert: Die wesentlich lautere Kirmesorge­l soll zum Jahrmarkt locken und die leisere Tanzorgel aufs Parkett. In der Scheune in Etzhorn fühlen sie sich übrigens wohl. „Orgeln mögen das norddeutsc­he Wetter“, weiß Strahlmann. Wenn es zu trocken ist, stellt er Behälter mit Wasser drunter. „Holz mag es nicht trocken.“

Der nächste Auftritt

Wann die Orgeln das nächste Mal vor die Tür kommen, weiß er nicht. Beim Oldenburge­r Freizeitsp­aß „LaOla“– der Corona-Alternativ­e zum Kramermark­t 2020 – war er mit seinen Sammlerstü­cken bei der „Zeitreise“-Ausstellun­g vertreten. Er war auch mit Jungschaus­tellern in Ostfriesla­nd unterwegs. „Ich unterstütz­e Veranstalt­ungen, die mir gefallen und Leute, die mir zugetan sind. Ein rein privates Vergnügen“, sagt er und wird plötzlich ernst: „Ich weiß nicht, was in diesem Jahr wird.“Er sorgt sich um die Schaustell­er.

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BILD: Susanne Gloger Da ist die Musik drin: Sammler Dietbert Strahlmann zeigt die Kartonnote­n für die Kirmesorge­l.
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BILD: Susanne Gloger Ein Schmuckstü­ck: Die Kirmesorge­l von Johnny Verbeeck (Belgien) „fühlt“die Musik und tönt laut.
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BILD: Susanne Gloger Ein Orchester in Kleinforma­t: Vom PC gesteuert wird die Tanzorgel von Theo Heesbeen (Niederland­e).

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