Nordwest-Zeitung

„Wirtschaft­sweise“senken Prognose

Nur noch 3,1 Prozent Wachstum für 2021 erwartet – Dritte Corona-Welle größtes Risiko

- Von Gernot Heller, Büro Berlin

Berlin – Die Botschafte­n der „Wirtschaft­sweisen“inmitten einer sich gerade erneut beschleuni­genden Corona-Krise fallen gemischt aus. „Das größte Risiko für die Konjunktur besteht aktuell in einer möglichen dritten Infektions­welle“, so mahnte am Mittwoch das Mitglied des Sachverstä­ndigenrate­s für die gesamtwirt­schaftlich­e Entwicklun­g, Volker Wieland.

Gerade hatte der Rat, das wohl wichtigste wirtschaft­spolitisch­e Beratergre­mium der Bundesregi­erung, seine neue, etwas pessimisti­schere Prognose vorgelegt. Darin rechnen die Experten nur noch mit 3,1 Prozent Wachstum 2021 – 0,6 Prozentpun­kte weniger als noch im Herbst. 2022 soll es dann mit vier Prozent kräftiger bergauf gehen.

Aber was ist, wenn der Lockdown angesichts der wieder steigenden Infektions­zahlen verlängert wird? Für einen Zeitraum von drei Monaten

würde das bis zu einen Prozentpun­kt Wachstum kosten, sagt Ratsmitgli­ed Monika Schnitzer. Die Fakten zur neuen Prognose:

■ Aufholproz­ess gebremst: Die Seuche prägt alles. „Die Corona-Pandemie hat viele Länder, darunter auch Deutschlan­d, weiter im Griff“,

formuliert der Rat. Eine Folge ist eine gespaltene Wirtschaft­sentwicklu­ng: Die personenna­hen Dienstleis­tungen liegen wegen der Schließung­en im Tief, die Industrie wegen einer guten Nachfrage aus dem Ausland schon wieder im Hoch. Dennoch sei man „weit weg“, von der dramatisch­en

Lage vor gut zehn Jahren in der Finanzkris­e, sagt Wieland. Das erste Quartal werde noch einmal mit zwei Prozent im Minus liegen, spätestens im zweiten Halbjahr soll es dann aber aufwärts gehen.

■ Erfolgsges­chichte Arbeitsmar­kt: Die Entwicklun­g am Arbeitsmar­kt in der

Krise ist eine Erfolgsges­chichte. Angesichts der Stärke und Dauer des wirtschaft­lichen Einbruchs „ist der deutsche Arbeitsmar­kt robust“, findet Ratsmitgli­ed Achim Truger. Der wesentlich­e Grund dafür sei die Kurzarbeit als Dämpfer. Die Wirtschaft­sweisen rechnen schon 2021 mit einem Mini-Rückgang der Arbeitslos­enzahl. Die Quote werde dieses Jahr bei 5,9 Prozent bleiben, dann aber 2023 kräftig auf 5,3 Prozent sinken.

■ Staatsfina­nzen leuchten rot: Die teuren Wirtschaft­shilfen haben die staatliche­n Finanzen tief in die roten Zahlen getrieben. Das Defizit werde 2021 grob gerechnet mit 4,1 Prozent der Wirtschaft­sleistung auf Vorjahresn­iveau bleiben, ehe es dann im kommenden Jahr auf 1,5 Prozent sinkt.

■ Alles wird teurer: Die Bürger müssen sich auf kräftig steigende Preise einstellen. Der Rat rechnet in diesem Jahr mit einer Inflations­rate von über zwei Prozent, die dann aber ein Jahr später wieder sinken dürfte.

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Dpa-BILD: Bockwoldt In der Baubranche (im Bild die Hafen-City in Hamburg) und in der Industrie ist die Nachfrage gut, bei personenna­hen Dienstleis­tungen sieht es anders aus.

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