Rücktritt als Dienst an der Kirche
Das mit hohen Erwartungen verbundene Gutachten des Erzbistums Köln zeigt einmal mehr die erschreckenden Ausmaße sexualisierter Gewalt durch Seelsorger und die unverantwortliche Vertuschung durch die Leitungsebene. Legt sich damit die Empörung über Kardinal Woelki und seinen Aufarbeitungskurs in der Missbrauchsaffäre? Mitnichten!
Weder die hohe Zahl von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche ist neu noch das Bemühen der Verantwortlichen, rufschädigende Vorgänge möglichst geräuschlos zu erledigen. Woelki steht nicht seit Wochen in der Kritik, weil er selbst daran beteiligt war. Er hat durch die schweren Irritationen um das erste Gutachten das zerstört, was jetzt am meisten nötig ist: Vertrauen. Es ist ein Unding, ein Gutachten zu vergeben, Unabhängigkeit zuzusichern, dann unter nicht nachvollziehbaren Gründen die Veröffentlichung zu verweigern und eine andere Kanzlei damit zu beauftragen. Dieser Schritt ist durch das nun vorgelegte zweite Gutachten nicht erledigt. Auch die für nächsten Donnerstag angekündigte Auslegung des ersten Berichts wird den Schaden nicht heilen.
Kardinal Woelki kann die Aufarbeitung der Missbrauchsaffäre nicht glaubhaft vorantreiben – sein Schlingerkurs bei den Gutachten wird ihn immer wieder einholen. Die Trennung von zwei wichtigen Mitarbeitern ist zwar konsequent, aber den Vertrauensbruch muss er selbst verantworten. Der Amtsverzicht des Hamburger Erzbischofs und früheren Kölner Personalchefs Heße, dem Pflichtverletzung im Umgang mit Missbrauchsfällen vorgeworfen wird, war unvermeidlich.
Die Ex-Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche, Margot Käßmann, war 2010 wegen einer Alkoholfahrt zurückgetreten. An ihr sollte sich Woelki ein Beispiel nehmen. Er würde seinen Auftrag erfüllen, der Kirche zu dienen.
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