Nordwest-Zeitung

An der Doktorskla­ppe krankt es

„Vorhabenbe­schreibung“beinhaltet Sozialwohn­ungen nicht

- Von Thomas Husmann

Es ist erstaunlic­h, wie man sich an das Tragen der MundNasen-Maske gewöhnt hat. Theobald greift oft reflexarti­g nach dem Atemschutz – fast so wie nach dem Sicherheit­sgurt im Auto. Er erwischt sich auch beim Einkaufen dabei, wie er unter der Maske mit sich selber spricht. Als wenn das niemand hören würde. Und manchmal fällt ihm auf, dass er mit offenem Mund herumläuft – unter der Maske sieht’s ja keiner. Nun im Büro ist ihm was ganz Besonderes passiert. Um telefonier­en zu können, muss er ein Headset aufsetzen und kann dann am PC die Nummer wählen. Vor kurzem bekam er einfach keine Verbindung, hörte aber aus der Entfernung eine Stimme. Die kam aus dem Kopfhörer. Der lag aber vor ihm. Zum Telefonier­en die Maske aufgesetzt hatte sich

theobald@NWZmedien.de

Richtfest im Dezember auf der Doktorskla­ppe: Zum Zeitpunkt der Aufstellun­g des Bebauungsp­lans war Stadtbaura­t Sven Uhrhan (rote Jacke), der dort die Stadtverwa­ltung vertrat, noch nicht im Amt.

Oldenburg – Hat die Stadt beim Aufstellen des Bebauungsp­lanes 55 „Doktorskla­ppe“geschlafen? Oder wurde bewusst in Kauf genommen, dass die vorgeschri­ebenen zehn Sozialwohn­ungen in einem vierten Gebäude in einem eher schmucklos­en Bau errichtet werden? Fragen, mit denen sich nun nach der Veröffentl­ichung in der NWZ auch die Politik beschäftig­t.

Im Vorhaben- und Erschließu­ngsplan sind nur die drei großen Gebäude eingezeich­net. Der Vorhabentr­äger (die Baum-Unternehme­nsgruppe aus Hannover) hat offensicht­lich die preiswerte­n Wohnungen zusätzlich geschaffen und dafür das vierte Gebäude genutzt. In der öffentlich­en Wahrnehmun­g waren alle davon ausgegange­n, dass zehn von den 97 Wohnungen preiswert vermietet werden müssen. In der städtische­n und im Internet einsehbare­n Vorhabenbe­schreibung wird unter dem Punkt „Städtebaul­icher Entwurf“beschriebe­n, dass unter dem Strich 97 Wohnungen errichtet werden, von denen zwölf rollstuhlg­erecht also barrierefr­ei ausgebaut sein sollen. Von kostengüns­tigen Wohnungen ist an dieser Stelle tatsächlic­h nichts zu lesen. Dafür weiter unten unter dem Punkt „Sonstige gesetzlich­e Vorschrift­en und Fachplanun­gen“. Dort heißt es: „Die rechtliche Absicherun­g dieser Quoten erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt in dem Durchführu­ngsvertrag zwischen der Stadt Oldenburg und dem Vorhabentr­äger.“

Solche Durchführu­ngsverträg­e

werden in der Regel nicht öffentlich im Verwaltung­sausschuss besprochen und verabschie­det. Dem Vernehmen sollte dort das „Vertragsge­biet“nun auch für das Grundstück gelten, auf dem jetzt das vierte Gebäude gebaut werden soll. Für dieses Gebäude ist eine gemischte Nutzung (also Wohnen und Gewerbe) vorgesehen – im Bebauungsp­lan als MI, also Mischgebie­t eingezeich­net.

Thomas Husmann über die höchst fragwürdig­e Bauleitpla­nung auf der Doktorskla­ppe

Unsere Redaktion hat bei Oberbürger­meister Jürgen Krogmann und seiner Pressestel­le nachgefrag­t. „Die vertraglic­hen Regelungen sind so gestaltet, dass sie den Vorgaben im B-Plan entspreche­n“, heißt es da. Die Verwaltung hat mit der Platzierun­g der preiswerte­n Wohnungen im Mischgebie­t kein Problem – weder in Bezug auf den Bebauungsp­lan, noch mit den Bestimmung­en des Durchführu­ngsvertrag­es.

Nach der Quotenrege­lung zum damaligen Zeitpunkt sei der preiswerte Wohnraum im Vertragsge­biet nachzuweis­en. Dabei habe der Bauherr die freie Wahl, wo und in welcher Gebäudetyp­ologie (Mehrfamili­enhaus, Reihenhaus etc.) er sie im Vertragsge­biet nachweist. Auf Grundlage des Ratsbeschl­uss von 2018 sei der Bau eines eigenen Gebäudes möglich gewesen.

Der geringfügi­ge Anstieg der Anzahl der Wohnungen von 97 auf 105 erklärt sich aus der konkreten Ausführung­splanung, heiße es von der Stadt. „Das ist bei Projekten dieser Größenordn­ung nicht unüblich.“Details der Vertragsge­staltung werden nicht genannt, die seien vertraulic­h.

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BILD: Torsten von Reeken
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