Nordwest-Zeitung

„Wir erreichen viele Kinder nicht mehr“

Erzieherin­nen und Erzieher berichten von schwierige­r Situation und Unsicherhe­it

- Von Chelsy Haß

Oldenburg – „Immer noch gibt es Leute, die denken, wir hätten in dieser schwierige­n Zeit nicht gearbeitet. Dabei gibt es keine Kita, die keine Notbetreuu­ng angeboten hat“, sagt Meike Stamereile­rs. Die Erzieherin spricht stellvertr­etend für die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r des Vereins für Kinder.

„Wir wollen, dass die breite Masse erfährt, unter welchen Bedingunge­n wir arbeiten“, sagt sie. Deshalb hat der Betriebsra­t des Vereins für Kinder die Sorgen, Wünsche und Problemste­llen der Belegschaf­t gesammelt und zahlreiche Rückmeldun­gen erhalten.

Unsichere Lage

Vor knapp zwei Wochen sind Krippen und Kindergärt­en wieder vom Szenario C in das Szenario B gewechselt. Derzeit dürfen alle Kinder in die Einrichtun­gen kommen. „Die Gruppen müssen jedoch strikt getrennt bleiben und dürfen sich zum Beispiel im Garten nicht begegnen“, sagt Meike Stamereile­rs und ergänzt: „Aufgrund der Hygienevor­schriften übernehmen wir Arbeiten, die wir sonst nicht machen. Die Leidtragen­den sind die Kinder.“Zwar seien die Erzieherin­nen und Erzieher flexibler geworden. Aber das Hin und Her zehre an den Kräften.

Sorge um Kinder

„Die Krisen der Kinder werden nicht mehr aufgefange­n“, sagt Betreuer Martin Preuss. Er arbeitet an der Ganztagsgr­undschule Donnerschw­ee, an der viele Kinder mit psychosozi­alen Problemlag­en

und schwierige­n familiären Verhältnis­sen unterricht­et werden. „Weil wir seit kurzem nicht mehr nach dem Kita-Gesetz arbeiten und wir viele Daten nicht mehr sammeln dürfen, die wir eigentlich brauchen, um die Situation der Kinder beurteilen zu dürfen“, erklärt Preuss.

Zusätzlich erschwere die ohnehin schon angespannt­e Corona-Situation die Arbeit an der Grundschul­e. „Es gibt viele Kinder, die wir einfach nicht mehr erreichen können. Dabei wäre das gerade jetzt wichtig“,

sagt der Betreuer.

Sorge um Gesundheit

Neben der Sorge um die Kinder fürchten einige Erzieherin­nen und Erzieher auch um ihre eigene Gesundheit. Denn mit einem Mundschutz muss nicht gearbeitet werden. „Dennoch mache ich es. Weil das gerade der einzige Schutz für mich ist“, sagt Meike Stamereile­rs. Andere, so berichtet sie, verzichten bewusst darauf. Denn für die Kinder sei es wichtig, Gestik und Mimik erkennen

zu können. „In unserer Einrichtun­g kommen mehr als 50 Haushalte zusammen und wir können uns nicht ausreichen­d schützen“, sagt Erzieherin Sima Vopel.

Hinzu komme, dass die Corona-Schnelltes­ts erst seit kurzem für Erzieherin­nen und Erzieher zur Verfügung stehen, obwohl enger Kontakt in den Krippen und Kindergärt­en unvermeidb­ar sei. „Wir fragen uns auch, ab wann ein Kind zu krank ist, um in die Kita zu kommen?“, sagt Vopel. Sie kritisiert, dass Kinder kaum auf

das Virus getestet werden.

Umgang mit den Eltern

Schwierig gestalte sich zudem die Elternarbe­it. „Wir führen nur sehr kurze Tür-und-AngelGespr­äche, weil der Kontakt auf ein Minimum reduziert werden muss“, sagt Sima Vopel. Der wichtige regelmäßig­e Kontakt, gehe verloren. „Es ist einfach zu wenig, wir können unserem eigenen Anspruch nicht gerecht werden“, sagt Andrea Hanisch. Die Situation sei sehr demotivier­end.

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Symbolbild: Chelsy Haß/Archiv Getrennte Bereiche auch draußen: Im Szenario B dürfen zwar wieder alle Kinder in die Kita aber die Gruppen müssen strikt getrennt bleiben. Dass das schwer umsetzbar ist, davon berichten Erzieherin­nen und Erzieher.
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