Nordwest-Zeitung

Späte Würde für namenlose Opfer

Mahnmal für 56 anonym verscharrt­e Zwangsarbe­iter auf dem jüdischen Friedhof

- Von Lea Bernsmann

Osternburg – Menschen erst die Würde und dann das Leben nehmen, sie noch über ihren Tod hinaus missachten und entwerten: 56 Kriegsopfe­r haben die Nazis zwischen 1941 und 43 auf dem jüdischen Friedhof verscharrt. Namenlos, gesichtslo­s liegen sie seit den 50er Jahren unter einem schlichten Gedenkstei­n.

Das soll sich ändern. Die Stadt will der anonym beerdigten Kriegsopfe­r sowjetisch­er, polnischer und unbekannte­r Herkunft erinnern und ihnen ein möglichst würdevolle­s Mahnmal widmen.

Wer liegt hier begraben

Bei den 56 Kriegsopfe­rn handelt es sich um 48 Soldaten und acht Zivilisten. Alles Männer zwischen 20 und 30 Jahren, die aus Arbeitslag­ern in der Lüneburger Heide nach Oldenburg gebracht wurden. Sie mussten als Zwangsarbe­iter unter schwersten Bedingunge­n in verschiede­nen

Arbeitskom­mandos arbeiten, ein großer Teil wurde im Straßenbau eingesetzt. Untergebra­cht waren sie in städtische­n Zwangsarbe­iterlagern und Kriegsgefa­ngenenlage­rn.

Die, überwiegen­d aus Osteuropa und der Sowjetunio­n stammenden, starben an Folgen von Unterernäh­rung, Krankheite­n oder Gewalt.

Sind Namen und Lebensdate­n der Toten bekannt

Zumindest von einem Teil der auf dem Friedhof verscharrt­en Menschen sind Daten bekannt. Laut „Gesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherr­schaft“– kurz: Gräbergese­tz

(GräbG) sind Kommunen und Städte angehalten, „Opfer von Krieg und Gewaltherr­schaft in besonderer Weise zu gedenken und für künftige Generation­en die Erinnerung wach zu halten“– wenn möglich aus anonymen Toten Opfer mit einer Geschichte zu machen.

Besucherin­nen und Besucher des Friedhofs sollen künftig nachlesen können, wer hier begraben liegt.

Wie und von wem wurde die Gedenkstät­te geplant

Für die Gestaltung des Mahnmals hat die Stadt in einer beschränkt­en und gezielten Ausschreib­ung Künstlerin­nen und Künstler aus der Region gesucht, die mit der Thematik betraut sind. Drei Kunstschaf­fende hatten sich daraufhin beworben. Ihre Entwürfe wurden von einer Jury (Kulturamts­leiterin Christiane Cordes, der Oldenburge­r Bildhauer Udo Reimann, Bodo Gideon Riethmülle­r von der jüdischen Gemeinde zu Oldenburg, Prof. Dr. Rainer Stamm als Direktor des Landesmuse­ums für Kunst und Kulturgesc­hichte sowie Baudezerne­nt Dr. Sven Uhrhan) begutachte­t. Die Entscheidu­ng fiel im letzten September auf die Idee von Amir Omerović (siehe Info).

Wie soll das Mahnmal aussehen

Wichtig bei der Konzipieru­ng der Gedenkstät­te war auch die Wahrung der Grabruhe. Ausgegrabe­n werden darf nichts. Alles erfolgte in enger Abstimmung mit der jüdischen Gemeinde. Die von den Nazis begangene Schändung des Friedhofs setzte auch voraus, eine Unterschei­dbarkeit zwischen Mahnmal und Gräbern jüdischer Menschen zu schaffen. Das grün bewachsene Massengrab bleibt bestehen. Drei angedeutet­e Wege aus oxidiertem Cortenstah­l mit 56 Fußspuren münden auf eine Bronzeplat­tform. An der Vorderseit­e des Grabes wird es eine Einfassung mit Namen,

Lebensdate­n sowie Kurztexten in deutsch und englisch geben. Beim Einscannen eines angebracht­en QR-Codes erfährt man mehr.

Wann wird das Mahnmal eingeweiht

Corona-bedingt verschoben, soll die Übergabe in Abstimmung mit der Jüdischen Gemeinde am 22. Juni, dem 80. Jahrestag des Überfalls der Sowjetunio­n, erfolgen.

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BILDer: Studio B So soll es aussehen: Das Massengrab mit den drei Wegen, in die Fußspuren eingelasse­n sind – und die Plakette mit Text (kl. Bild).

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