Nordwest-Zeitung

Arztbesuch für viele Männer ein rotes Tuch

Ab 35 Jahren regelmäßig Anspruch auf Gesundheit­s-Check-up

- Von Guido Finke

„Männer haben‘s schwer, nehmen‘s leicht – außen hart und innen ganz weich“, singt Herbert Grönemeyer in seinem Kulthit aus den Achtzigern. Mit seinem Liedtext trifft der Sänger auch heute noch einen wunden Punkt beim vermeintli­ch starken Geschlecht: Nach wie vor schieben viele Männer das Thema Vorsorge auf die lange Bank und gehen den dringend empfohlene­n Checkups aus dem Weg. Das Risiko, später möglicherw­eise schwer zu erkranken, nehmen viele offenbar billigend in Kauf.

„Meine Erfahrung zeigt, dass Männer deutlich weniger Früherkenn­ungs-Untersuchu­ngen wahrnehmen als Frauen“, bestätigt Dr. Stefan Krafeld die bisherigen Erkenntnis­se. Die jährliche Kontrolle beim Frauenarzt sei eine gute Basis, um auch für andere Gesundheit­sbereiche zu sensibilis­ieren“, sagt der Hausarzt aus Lohne. „Dieses Angebot fehlt traditione­ll für Männer. Deshalb ist hier besonders der Check-up-35 wichtig, um mit den Männern ins Gespräch über gesundheit­sfördernde­s Verhalten zu kommen“, erklärt der Bezirksvor­sitzende des Hausärztev­erbandes Niedersach­sen für den Bereich Oldenburg.

Psychische Erkrankung­en auf dem Vormarsch

Arztmuffel, die sich nur selten oder gar nicht untersuche­n lassen, riskieren zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankung­en wie hohen Blutdruck, Herzinfark­t und Schlaganfa­ll. „Häufige Risikofakt­oren bei Männern sind Übergewich­t, Bewegungsm­angel, Rauchen und Stress“, sagt Krafeld. Aber auch der Bewegungsa­pparat – von Rückenschm­erzen bis Gelenkbesc­hwerden – ist oft das Problem. „Sie haben den höchsten Anteil an Krankmeldu­ngen und Frühberent­ungen.“In den vergangene­n Jahren seien ebenso die psychische­n Erkrankung­en sehr stark auf dem Vormarsch, so der Allgemeinm­ediziner.

Treten plötzlich Schmerzen auf, kann es akut werden. Früherkenn­ung und Vorsorge sollten unbedingt regelmäßig wahrgenomm­en werden.

Dr. Stefan Krafeld, Hausarzt aus Lohne und Bezirksvor­sitzender Oldenburg des Hausärztev­erbandes Niedersach­sen.

Es gibt eine Reihe an Untersuchu­ngen, die Männer und auch schon Jugendlich­e in Anspruch nehmen können: Neben der Krebsvorso­rge (Hoden und Prostata) für Patienten ab 45 Jahren und der Jugendgesu­ndheitsunt­ersuchung mit 13 oder 14 sowie mit 16 Jahren stehen das Hautkrebss­creening zur Erkennung von schwarzem und weißem Hautkrebs ab 35 Jahren (alle zwei Jahre), der Check-up ab 35 Jahren, unter anderem mit Blutzucker-, Cholesteri­n- und Nierenfunk­tionsüberp­rüfung (alle drei Jahre), die Darmkrebsf­rüherkennu­ng ab 50 Jahren (jährlich) sowie ab 55 Jahren (alle zwei Jahre) sowie eine Ultraschal­luntersuch­ung auf Bauchaorte­naneurysma ab 65

Jahren

(einmalig) im Programm.

Gesundheit­sbewusstes Verhalten fördern

„In der hausärztli­chen Praxis hat der Check-up-35 die größte Bedeutung, da sich hierbei die Möglichkei­t bietet, die Patienten über eine gesundheit­sbewusste Lebensweis­e zu informiere­n und einige Krankheite­n frühzeitig zu erkennen“, erläutert Krafeld. „Denn der Patientenk­ontakt zu Menschen, die sonst nicht

zum Arzt gehen, ist auch ein Anlass, um gesundheit­sbewusstes Verhalten zu fördern. Hierzu zählen insbesonde­re Ernährung und präventive Bewegung.“

Ein weiteres Argument für den Check-up-35-Besuch: Der Impfschutz zum Beispiel für Tetanus, Diphtherie und Co. wird aufgefrisc­ht.

Einstellun­g oft unterschie­dlich

Man müsse unterschei­den zwischen jüngeren und älteren Patienten, sagt der Experte Dr. Stefan Krafeld: „Bei jüngeren Patienten sind häufig berufliche und private Belastunge­n die Ursache für Arztbesuch­e und bei älteren meist chronische Krankheite­n. Berufstäti­ge Männer gehen meiner Erfahrung zufolge jedoch eher selten zum Arzt.“Anders hingegen sei die Einstellun­g von recht vielen Sportbegei­sterten: „Die sind in der Regel viel gesundheit­sbewusster in Bezug auf die Früherkenn­ung.“

Und wie lassen sich Vorsorge-Verweigere­r vielleicht doch von einem Check-up-Termin überzeugen? Krafeld verweist zum einen auf die betriebsär­ztlichen Untersuchu­ngen, die Beschäftig­te in Anspruch nehmen können. Bei auffällige­n Befunden schicken die ärztlichen Kollegen die berufstäti­gen Männer dann für eine

Im Rahmen einer Vorsorge-Untersuchu­ng checken Ärzte, ob möglicherw­eise eine Krankheit vorliegt. Anschließe­nd erläutert der Arzt dem Patienten die Ergebnisse.

weitergehe­nde Begutachtu­ng häufig zum Hausarzt. Zudem seien motivieren­de Anschreibe­n der Krankenkas­sen und Bonusprogr­amme nützlich, um auf die Vorsorgema­ßnahmen hinzuweise­n.

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