Nordwest-Zeitung

Jede Menge Konfliktst­off auf 136 Seiten

So wollen die Grünen beim Wähler punkten – Das sind die zentralen Vorhaben

- Von Gernot Heller, Büro Berlin

Berlin – Nach der SPD haben nun auch die Grünen ihr Wahlprogra­mm für die Bundestags­wahlen im September vorgelegt. Es enthält auf 136 Seiten eine Vielzahl von mehr oder weniger klaren Positionen, an denen sich potenziell­e Koalitions­partner der Grünen reiben können und werden.

Die Stichworte dazu lauten: Ein Nein zum Zwei-ProzentZie­l für die Verteidigu­ngsausgabe­n, ein Ja zu höheren Steuern für Reiche, schuldenfi­nanzierte Mega-Investitio­nen in die Zukunft, flankiert von einer Lockerung der Schuldenbr­emse, ein Kohleausst­ieg schon bis 2030 und ab dem gleichen Jahr nur noch die Zulassung emissionsf­reier Autos.

■ Das Kernziel

„Wir haben ein klares Ziel für dieses Jahrzehnt vor Augen:

Klimagerec­hten Wohlstand“, formuliert die Partei. „Wir bringen mit unserem Programm Deutschlan­d endlich auf den 1,5-Grad-Pfad“, so Grünen-Chefin Annalena Baerbock mit Blick auf das Klimaziel von Paris. Diese Zielformul­ierung strahlt in alle Bereiche der Politik aus.

■ Tempolimit und mehr Emissionsm­inderung

„Klimaschut­z ist keine Zukunftsau­fgabe,

Klimaschut­z ist jetzt“, gibt Baerbock als Losung aus. Konkret findet sich das wieder unter anderem im Eintreten für ein Tempolimit auf Autobahnen von 130 km/ h, für ein erhöhtes Ziel der CO2-Minderung bis 2030 von 70 Prozent im Vergleich zu 1990. Zudem soll der Ausbau der Windenergi­e beschleuni­gt werden. Den gerade eingeführt­en CO2-Preis im Bereich Verkehr und Gebäude wollen die Grünen rasch auf 60 Euro je Tonne steigern, um Anreize zum Einsparen von klimaschäd­lichen Emissionen zu erhöhen. Die Mehreinnah­men daraus will die Partei als „Energiegel­d“an die Menschen zurückflie­ßen lassen, was vor allem Menschen mit niedrigere­m Einkommen einen Ausgleich geben soll.

■ Investitio­nen und Steuern

Als Schlüssel einer sozial-ökologisch­en Modernisie­rung des Landes betrachten die Grünen ein Riesen-Investitio­nsprogramm. Jahr für Jahr sollen 50 Milliarden Euro mehr investiert werden als derzeit – in Verkehr, Digitalisi­erung, Zukunftste­chnologien, aber auch in den Gesundheit­ssektor und in Schulen. Finanziert werden soll das durch höhere Steuern für Reiche und Spitzenver­diener, durch die Schließung von Steuerschl­upflöchern und die Streichung klimaschäd­licher

Subvention­en, aber eben auch neue Schulden, sagt GrünenChef Robert Habeck. Um das zu ermögliche­n, wollen die Grünen die Schuldenbr­emse im Grundgeset­z lockern und durch eine Investitio­nsregel ergänzen. Daneben planen sie die Einführung einer einprozent­igen Steuer auf Vermögen von über zwei Millionen Euro sowie eine „moderate“Anhebung des steuerlich­en Spitzensat­zes. Ab einem Einkommen von 100 000 Euro für Alleinsteh­ende ist ein Satz von 45 Prozent geplant, ab 250 000 Euro im Jahr einer von 48 Prozent. Auch Zins- und Spekulatio­nsgewinne sollen mehr belastet werden.

Mindestloh­n

Im sozialen Bereich treffen sich die Grünen mit der SPD in der Forderung nach einem höheren Mindestloh­n von zwölf Euro die Stunde – und zwar „sofort“.

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Dpa-BILD: Nietfeld Bestens gelaunt bei der Vorstellun­g des Wahlprogra­mms: die Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck am Freitag in Berlin

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