Nordwest-Zeitung

Bodenständ­iges Großmaul

- Von Christoph Meyer

Wenn es ums Geschäft geht, dann ist RyanairChe­f Michael O’Leary nie um einen lockeren Spruch verlegen. Irland sollte mit dem Impfprogra­mm „in die Pötte kommen“, polterte er kürzlich. Wie alle Fluggesell­schaften ist auch Ryanair schwer von der Pandemie getroffen. Doch angesichts beträchtli­cher Geldreserv­en steht der irische Billigflie­ger vergleichs­weise gut da.

Und O’Leary, der am 20. März seinen 60. Geburtstag feiert, wäre nicht O’Leary, wenn er in der Krise nicht auch eine Chance sehen würde. „Es gibt eine Menge an Wachstumsc­hancen in Irland und quer durch Europa, wo Airlines pleite gegangen sind oder ihre Kapazitäte­n zurückgefa­hren haben“, rechtferti­gte er die Aufstockun­g einer Bestellung des Pannenflie­gers Boeing 737 Max um 75 auf 210 Stück – auf die er einen Rabatt erhalten hat, versteht sich.

Dank der Impfungen sieht er für den Sommer wieder massenhaft Touristen nach Portugal, Spanien, Italien und Griechenla­nd pilgern.

Das Geschäft mit dem Massentour­ismus hat O’Leary wohlhabend gemacht. Der gelernte Steuerbera­ter hält rund vier Prozent an der Airline und gehört Berichten zufolge zu den reichsten 20 Menschen in Irland. Er selbst empfindet Urlaubsrei­sen aber als Zeitversch­wendung: „Das Problem, das ich mit Urlaub habe, ist, dass man zwei Wochen damit verschwend­et, an einem verdammten Strand zu sitzen. Ich versteh nicht, was das soll.“

O’Leary lebt nach dem Motto „Zeit ist Geld“. Als die Straßen um Dublin Anfang der 2000er Jahre immer stärker durch Staus verstopft waren, kaufte er sich kurzerhand eine Taxi-Lizenz, um auf der Busspur fahren zu können.

Seit 1994 steht er an der Spitze von Ryanair, das er mit einer konsequent­en Discounter-Strategie zur größten Billig-Airline Europas ausbaute.

Seine Sprüche und unkonventi­onellen Ideen sorgen stets für Aufmerksam­keit. Vor einigen Jahren machte er Schlagzeil­en mit der Meldung, Passagiere künftig für Toilettenb­esuche an Bord extra bezahlen lassen zu wollen. Später legte er noch einen drauf, als er sagte, er würde den Passagiere­n „für einen Fünfer auch noch den Hintern abwischen“. „Ich war schon immer ein Großmaul“, bekannte er einmal.

Doch es gibt auch die andere Seite des O’Leary, der die Bodenständ­igkeit liebt und mit seiner Familie auf einer Farm in der Nähe von Dublin lebt. Er ist stolz darauf, dass er seine Steuern in der Heimat zahlt und nicht auf einer Insel in der Karibik. Seine Hobbys sind Pferderenn­en und Rinderzuch­t. Doch viel Privates gibt O’Leary nicht preis. „Wir leben im Stillen“, sagt er.

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Dpa-BILD: Stf

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