„Zwischen Mut und Verzweiflung“
Corona Einzelhändler im WhatsApp-Chat über die Lage – Teil 2
NWZ: Was braucht es im Kern für eine funktionierende Innenstadt? Der Eindruck aus dem vergangenen Jahr ist: Einzelhandel ohne Gastronomie geht nicht.
Andor: Keine
Frage, die Gastronomie ist essenziell für die Frequenz und die Aufenthaltsdauer in der Stadt. Auch gerade bei schlechten Wetter und besonders für Kunden die von außerhalb nach Oldenburg kommen. Ganz nebenbei bieten die Lokale mit ihren Toiletten einen wichtigen zusätzlichen Service, der nicht zu unterschätzen ist.
Sklorz: Das Zusammenspiel von Bummeln, Einkaufen und Gastro ist total eng miteinander verknüpft. Das sehe ich auch so. Dementsprechend wird das richtige Leben erst wieder Einzug halten, wenn alles möglich ist, wenn auch in neuer und geordneter Form.
NWZ: Wie es aussieht, bleibt die Lage noch eine Weile so, wie sie jetzt ist. Wie ernst – oder nicht ernst – ist in diesem Zusammenhang das Termingeschäft zu nehmen?
Sklorz: Das Verkaufen auf Termin bzw. das Verkaufen/Besuchen/ Shoppen auch per Sofort-Termin wird sicherlich ein Teil der Lösung für die Zukunft sein. Neben dem Impfen ist ... ... die Nachverfolgung zum Schutz sicherlich äußerst wichtig. Da wäre eine einheitliche Erfassung wie z.B. über die Luca-App (oder ähnliches) nicht nur sinnvoll sondern auch komfortabel. Das wäre auch ein Signal an alle: In Oldenburg ist der Aufenthalt einfach und sicher.
Meibers: Bin ich voll bei Dir, nur leider funktioniert es wohl noch nicht mit den Daten, soll aber! Die Stadtverwaltung will die Luca App ja einbinden, finde ich gut! Ich gehe von einer kompletten Schließung nach Ostern aus, wenn sich der Trend so fortsetzt, schade! Sklorz: Wenn wir es bis überhaupt noch bis Ostern schaffen.
König: Der Verkauf mit Termin funktioniert prima.
Wir haben aber schon nach dem ersten Lockdown eine Abholstation im Wareneingang eingerichtet. Zusätzlich haben wir einen Tresen mit Funkklingel und Desinfektionsmittel ausgestattet. Zurzeit notieren wir alle Kunden manuell auf Papiervordrucken.
Die Luca App macht nur Sinn, wenn sie mit unserem Gesundheitssystem oder Amt gekoppelt wäre. Wir bleiben beim Papier! Wäre doch eine sinnvolle Aufgabe für unser EWE-Tochterunternehmen Office.
Und nach meiner Befürchtung gibt es nach Ostern einen Crash. NWZ: Wie schaffen Sie es und Ihre Mitarbeiter in dieser Situation den Mut zu behalten?
Andor: Es ist eine Gratwanderung zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Wir haben immer einen Teil der Mitarbeiter, wenn auch im kleinen Rahmen, eingesetzt. Somit kann man auch mal persönlich mit ihnen kommunizieren. Mails, WhatsApp und und andere digitalen Kanäle stumpfen irgendwann ab. Das Digitale kann vieles vereinfachen und verbessern, aber eben nicht alles. Den Menschen fehlen ja seit dem light Lockdown am 1. November die so wichtigen sozialen Kontakte. Keine Gastro, Kino, Kultur, Urlaub usw. Eins hat Click & Meet gezeigt: Die Kunden sind froh darüber und nützen es auch erstaunlich gut. Trotzdem bleibt die Lage angespannt.
Meibers: Ich habe seit der Terminmöglichkeit sehr dankbare Kunden. Sie wollen nicht mehr unpersönlich, sondern sehr persönlich bedient werden!
NWZ: Wie geht es weiter für den Einzelhandel?
König: Noch sieht es düster aus, aber ich glaube weiter an den Handel in den Innenstädten und Stadtteilen. Das bedeutet aber auch mehr Service und neue Formate ... ... auf kleinen Ladenflächen.
Shopping wird weiterhin eine große Rolle spielen. Allein einen Kleiderschrank aufzubauen, ist für manchen eine echte Herausforderung.
Wir bieten zwei- bis dreimal im Jahr einen Workshop nur für Frauen an, in dem wir kleine handwerkliche Arbeiten, wie z. B. Bohren erklären.
Und nicht zuletzt haben ... ... wir in Corona einen starken Anstieg des Onlinegeschäfts bemerkt. Auch Click&Collect wurde immer wichtiger. Das nutzen unsere Kunden stark. Aber dafür brauchen sie auch den guten Support unserer Mitarbeiter und das Gefühl, etwas anfassen zu können. Touch & Feel ist durch das Internet nicht zu ersetzen. Entscheidend wird zukünftig sein, Stationär- und ... ...Online-Geschäfte optimal aufeinander abzustimmen. Ich glaube, die Bürger haben die Pandemie und die Einschränkungen satt und sehnen sich nach Interaktion, Begegnungen, Erlebnissen, Theater. Wir werden noch eine umfassende Erneuerung aller Lebensbereiche erleben.