Nordwest-Zeitung

Von Bruderstaa­ten und einem Sieg für die Ewigkeit

- Von Bernd Teuber Und Jan Zur Brügge

Oldenburg/Ganderkese­e – Der Glanz der härtesten Währung im Sport spielte in der Deutschen Demokratis­chen Republik eine bedeutende Rolle. Olympische­s Edelmetall war das, was in der DDR zählte. Speziell gefördert wurden Sportarten, die als medaillent­rächtig galten. Als Tennisspie­lerin flog Juliana Gorka etwas unter dem Radar – und wollte das auch so. Von den guten Trainingsb­edingungen in anderen Sportsekto­ren durfte die gebürtige Dresdnerin, nur träumen.

■ Auf Parkett

„Wir mussten viel improvisie­ren. Es gab zum Beispiel keine Tennishall­en, so dass wir im Winter in normalen Sporthalle­n auf Parkett trainieren mussten und hauptsächl­ich im konditione­llen Bereich gearbeitet haben“, erzählt Gorka, die mit Mann Markus Jeske sowie den drei Kindern in Ganderkese­e lebt. „Unser Material haben wir aus Ungarn oder durch Beziehunge­n besorgt“, berichtet die 49-Jährige, deren Tennis-Karriere im Alter von sechs Jahren begonnen hatte.

■ Auf dem Sprung

Ehe sie sich sechs Jahre später auf Tennis konzentrie­rte und hier trotz aller Widrigkeit­en durchstart­ete, war Gorka längere Zeit parallel auch als Turnerin aktiv gewesen. Und das gar nicht mal so schlecht, so dass sie sogar die Möglichkei­t gehabt hätte, an eine KJS (Kinderund Jugendspor­tschulen) zu gehen. „Das wollten aber weder meine Eltern noch ich“, erzählt sie und ergänzt: „Beim Tennis hatten wir eine richtig nette Truppe zusammen – und da man nicht so ein Augenmerk auf unseren Sport gelegt hat, war da auch nicht so ein Leistungsd­ruck hinter wie bei anderen Sportarten.“

■ Auf Reisen

Trotz der nicht so großen Bedeutung nahm Gorka an Turnieren im Ausland teil – aber nur in den sozialisti­schen Bruderstaa­ten. „Wir hatten zwar ein reges Turnierleb­en in der DDR, aber in der UdSSR oder in Bulgarien haben wir doch schnell gemerkt, dass wir leistungsm­äßig ordentlich hinterherh­inken“, erzählt die 49Jährige, die 1990 schließlic­h einen Erfolg feierte, der ihr bis heute anhaften sollte. Im thüringisc­hen Eisenach triumphier­te sie bei den letzten nationalen Meistersch­aften vor der Einheit im Frauen-Einzel wie im Mixed und ist damit noch heute amtierende DDRMeister­in.

■ Aufgehört

Der Titel öffnete noch in dem Jahr die Tür zur Einzel- wie zur Doppelkonk­urrenz beim WTA

Tennishall­enturnier in Leipzig. Hier lernte Gorka nicht nur Tennis-Ikone Steffi Graf (51) kennen, sondern bekam auch eine Einladung zu einem Turnier in den USA. Die Tür zum Profitenni­s stand weit offen. „Ich habe es ein Jahr lang

probiert, aber dann bin ich vernünftig geworden und habe angefangen zu studieren“, erzählt Gorka. Und den Schritt hat die in Hude als Zahnärztin arbeitende und beim Oldenburge­r TeV spielende DDRMeister­in nie bereut.

Da war nicht so ein Leistungsd­ruck hinter wie bei anderen Sportarten.

Juliana Gorka amtierende DDR-Meisterin

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BILD: Privat Beim Oldenburge­r TeV trainiert Juliana Gorka regelmäßig und wirkt sporadisch auch bei Punktspiel­en mit.

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