„Meine Zuhörer möchten richtige Songs“
Interview mit Ritchie Blackmore – Legendärer Gitarrist bei Deep Purple und Rainbow
Am englischen Gitarristen Ritchie Blackmore scheiden sich die Geister. Der Mann gilt als Egomane und Streithammel. Bei Deep Purple und Rainbow soll er Auslöser zahlloser Eklats gewesen sein, verbunden mit Handgreiflichkeiten und öffentlichen Diffamierungen. 1997 wandte sich der heute 75Jährige von der Rockmusik ab, um mit seiner vierten Ehefrau Candice Night die überwiegend auf akustischen Instrumenten basierende Folkgruppe Blackmore’s Night zu gründen und sich an der Musik der Renaissance zu orientieren. Das neue Album „Nature’s Light“zeigt beide als ernsthafte Musiker und feinfühlige Zeitgenossen.
Mr. Blackmore, wie hat sich in ihrer mehr als 50-jährigen Karriere ihr Stil entwickelt, insbesondere seit sie überwiegend akustische Gitarren spielen? Blackmore: Der Unterschied, den ich bereits zu Beginn mit Blackmore’s Night feststellen konnte, ist, dass man sich als Akustikgitarrist nicht mehr auf einen Verstärker verlassen kann, und dass es keine technischen Tricks oder Effekte gibt, die den Klang des Instruments verbessern. Akustikgitarren sind nun mal das, was sie sind, ziemlich gnadenlos, weil man keine Saiten dehnen und den Sound nicht künstlich aufblasen kann. Man hält einfach nur das nackte Gerüst des Instruments in den Händen. Natürlich ist das für einen Musiker eine riesige Herausforderung, aber wenn man es schafft, dass die Gitarre den Fingern gehorcht, ist es unglaublich befriedigend.
Was haben Sie bei Deep Purple und Rainbow für Blackmore’s Night gelernt? Blackmore: Ganz ehrlich? Nicht viel. Die Musikstile sind zu unterschiedlich.
Woraus entsteht das unnachahmliche Blackmore-Flair? Blackmore: Ich weiß es nicht. Ich bin kein Musiker, der andere Gitarristen nachahmen könnte. Ich kann mir
komplizierte Harmoniefolgen oder Arrangements kaum merken. Aber ich behalte die Grundmelodie und spiele sie so, wie sie mir in Erinnerung geblieben ist. Ich könnte nicht anders, selbst wenn ich wollte.
Sie behaupten, dass sogar ihr größter Deep Purple-Hit „Smoke On The Water“Strukturen des heutigen Stils von Blackmore’s Night aufweist. Blackmore: In der Tat! Es kommt daher, dass die Musik der Renaissance genauso wie der Rock’n’Roll mit ähnlichen Quinten und Quarten operiert. Der Unterschied ist nicht groß, wenn man die Akkorde von „Smoke On The Water“umdreht oder in anderer Reihenfolge spielt.
Früher galten Sie als Gitarrenvirtuose, heute halten Sie sich merklich zurück. Blackmore: In der Musik geht es nicht um Virtuosität. Für mich kommt immer zuerst der Song, dann erst die Gitarre. Das ist es, was viele meiner Kollegen nicht verstehen. Sie fragen: „Warum macht Ritchie das? Weshalb zeigt er nicht mehr seine Fähigkeiten
an der Gitarre, wie damals bei Purple und Rainbow!“Ich aber spiele für ganz normales Publikum, nicht für Musiker. Meine Zuhörer möchten richtige Songs, keinen wild gewordenen Gitarristen, der zeigen will, was er drauf hat. Außerdem: Selbst wenn ich das täte, würden sofort zig andere Gitarristen behaupten: „Das kann ich noch viel schneller spielen.“Die Leute würden immer über mich lästern, egal was ich tue.
Haben Sie eigentlich noch die Gitarren, mit denen sie ihre