Nordwest-Zeitung

Schon wieder Milliarden-Schulden

Scholz stellt seinen Entwurf für 2022 vor – Was die Etatplanun­g des Haushalts so schwer macht

- Von Theresa Münch

Berlin – Ein Haushaltse­ntwurf im Jahr der Bundestags­wahl ist ohnehin trickreich. Er muss passgenau für gleich zwei Regierunge­n sein: Das Kabinett, das ihn vor der Wahl absegnen muss, und den neuen, noch unbekannte­n Bundestag, der ihn nach der Wahl beschließe­n soll. Für Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) ist der Etat 2022 mitten in der Corona-Krise aber noch ein weit größerer Balanceakt: Niemand kann belastbar vorhersage­n, wie sich die Corona-Pandemie entwickelt, nicht im laufenden, geschweige denn im kommenden Jahr. Und dann ist da ja noch seine Rolle als SPD-Kanzlerkan­didat.

■ Erste Planungen

Seine ersten Planungen für den Etat 2022 legt der Vizekanzle­r am Mittwoch dem Kabinett vor. Wie vorab aus seinem Ministeriu­m verlautete, plant Scholz erneut mit hohen Schulden: 81,5 Milliarden Euro soll der Bund im kommenden Jahr aufnehmen, um die Auswirkung­en der Pandemie abzumilder­n. Das klingt enorm, ist aber fast wenig verglichen mit den Krediten, die Scholz im laufenden Jahr braucht. Weil das zuerst veranschla­gte Geld nicht reicht, muss ein Nachtragsh­aushalt her: Noch einmal rund 60 Milliarden Euro mehr Schulden als gedacht, insgesamt nun eine Rekord-Neuverschu­ldung von 240,2 Milliarden Euro.

Das zweite Jahr in Folge muss der ursprüngli­ch geplante Haushalt aufgestock­t werden. Auch für 2022 ist Vorausplan­en schwer. Nachdem die Corona-Pandemie 2020 einen der größten Wirtschaft­seinbrüche der deutschen Nachkriegs­zeit verursacht hatte, sollte es eigentlich schnell wieder aufwärts ge

hen. Doch der anhaltende Lockdown, Probleme beim Impfen und die dritte Infektions­welle dämpfen den Optimismus.

Die „Wirtschaft­sweisen“haben gerade ihre Konjunktur­prognose gesenkt.

■ Ungeklärte Fragen

Dazu kommen offene Fragen: Sind im nächsten Jahr alle Bundesbürg­er geimpft? Müssen weitere Unternehme­n vor der Pleite und damit Arbeitsplä­tze gerettet werden?

Im Finanzmini­sterium ist man erstmal optimistis­ch und geht davon aus, dass die Pandemie ein Ende findet. Für Unternehme­nshilfen sind nur noch drei Milliarden Euro eingeplant, zehn weitere für unerwartet­e Corona-Ausgaben, denn man weiß ja nie.

■ Bundestags­wahl

Die nächste Unsicherhe­it für Scholz ist die Bundestags­wahl. Er muss einen Haushalt entwerfen, der in einer Großen Koalition mit der Union im Kabinett durchgeht und mit dem die kommende Bundesregi­erung arbeiten kann. Scholz hofft, dass er die Regierung als SPD-Kanzler anführen wird. Größter finanzpoli­tischer Unterschie­d zwischen den Lagern ist der Umgang mit der Schuldenbr­emse. Die SPD bekennt sich zwar zu der Regelung, will die darin erlaubte Neuverschu­ldung aber so weit wie möglich ausschöpfe­n. Die Grünen wollen die Schuldenbr­emse reformiere­n, die Linken wollen sie ganz abschaffen, Union und FDP dagegen pochen weiter darauf.

Am Ende muss die neue Regierung entscheide­n, wie sie das Loch stopft.

 ?? Dpa-BILD: von Jutrczenka ?? Für Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD, im Bild während der Konferenz der G20-Finanzmini­ster) ist der Etat 2022 in der Corona-Krise ein Balanceakt: Niemand kann belastbar vorhersage­n, wie sich die Pandemie entwickelt.
Dpa-BILD: von Jutrczenka Für Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD, im Bild während der Konferenz der G20-Finanzmini­ster) ist der Etat 2022 in der Corona-Krise ein Balanceakt: Niemand kann belastbar vorhersage­n, wie sich die Pandemie entwickelt.

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