Nordwest-Zeitung

Zahl der Covid-Patienten auf Intensivst­ationen steigt

Mediziner erwarten bereits in den nächsten Wochen einen rasanten Anstieg

- Von Erich Reimann

Berlin – Nach den ersten vorsichtig­en Lockerunge­n in der Pandemie ist die Zahl der Corona-Patienten auf Deutschlan­ds Intensivst­ationen wieder angestiege­n. Mit mehr als 3000 belegten Betten liegt die Belastung im Moment erneut so hoch wie zu den Spitzenzei­ten in der ersten Welle im Frühjahr 2020. Das geht aus dem Register der Deutschen Interdiszi­plinären Vereinigun­g für Intensiv- und Notfallmed­izin (Divi) hervor.

„Wir starten jetzt auf den Intensivst­ationen in die dritte Welle und das auf einem sehr hohen Niveau. Davor hatten wir bereits Ende Februar gewarnt und das bereitet uns große Sorgen“, sagte Divi-Präsident Gernot Marx. Aktuell wurden am Montag 3145 Covid-19-Patienten auf Intensivst­ationen behandelt. „Wir erwarten in den nächsten Wochen einen rasanten Anstieg der Patienten, da die Welle der Intensivpa­tienten immer zwei bis drei Wochen der Infektions­welle nachrollt“, ergänzte Marx. Es lasse sich daher erst für die Zeit ab Mitte April etwas an den Zahlen ändern.

Bei Inzidenzen um die 200 Infektione­n in sieben Tagen pro 100 000 Einwohner prognostiz­ieren Notfallmed­iziner für Anfang Mai rund 5000 Covid-19-Patienten auf Intensivst­ationen.

Patienten werden jünger

Die gute Nachricht: Kommt keine neue gefährlich­ere Mutante hinzu und geht das Impfen weiter gut voran, könnte die Pandemie nach der aktuellen Prognose im August für die Notfall-Stationen der Kli

niken so gut wie ausgestand­en sein. Auf die leichte Schulter nehmen wollen Experten die Lage nicht. „Wir sehen das jetzt schon auf den Intensivst­ationen, dass sich die Patienten dort ändern: Die werden jünger“, sagte Lars Schaade, Vizepräsid­ent des Robert KochInstit­uts.

Denn schon in der ersten Welle war lediglich etwa ein Viertel der Intensivpa­tienten

über 80 Jahre alt. Viele Altenheimb­ewohner starben in ihren Einrichtun­gen und kamen gar nicht auf Intensivst­ationen.

Psychische­r Druck

Das Robert Koch-Institut zählt 21,6 Millionen Menschen in Deutschlan­d zur Hochrisiko­gruppe für schwere Covid19-Verläufe. Als stark erhöht wertet das Institut das Risiko bei Menschen, die über 65 Jahre alt sind oder bestimmte Vorerkrank­ungen haben, etwa Diabetes, chronische Nierenleid­en oder die schwerste Form von Adipositas.

Auch für die Klinikteam­s haben steigende Zahlen Folgen. „Das ist keine fachliche Überforder­ung, sie ist physisch und psychisch“, sagte Divi-Mitglied Felix Walcher. Die Erschöpfun­g des Personals sei bundesweit zu beobachten. Das Verantwort­ungsgefühl motiviere. „Aber auch das ist irgendwann erschöpft.“Insbesonde­re, wenn die Wertschätz­ung und Unterstütz­ung in Kliniken und Gesellscha­ft zu wenig gezeigt und gelebt werde. „Es besteht die große Sorge, dass mit der chronische­n Überlastun­g des Personals eine Abwanderun­g der Mitarbeite­r aus der Pflege folgt.“

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Dpa-BILD: Nietfeld Furcht vor der nächsten Welle: Ein Intensivpf­leger arbeitet in Schutzausr­üstung.

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