Zahl der Covid-Patienten auf Intensivstationen steigt
Mediziner erwarten bereits in den nächsten Wochen einen rasanten Anstieg
Berlin – Nach den ersten vorsichtigen Lockerungen in der Pandemie ist die Zahl der Corona-Patienten auf Deutschlands Intensivstationen wieder angestiegen. Mit mehr als 3000 belegten Betten liegt die Belastung im Moment erneut so hoch wie zu den Spitzenzeiten in der ersten Welle im Frühjahr 2020. Das geht aus dem Register der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) hervor.
„Wir starten jetzt auf den Intensivstationen in die dritte Welle und das auf einem sehr hohen Niveau. Davor hatten wir bereits Ende Februar gewarnt und das bereitet uns große Sorgen“, sagte Divi-Präsident Gernot Marx. Aktuell wurden am Montag 3145 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen behandelt. „Wir erwarten in den nächsten Wochen einen rasanten Anstieg der Patienten, da die Welle der Intensivpatienten immer zwei bis drei Wochen der Infektionswelle nachrollt“, ergänzte Marx. Es lasse sich daher erst für die Zeit ab Mitte April etwas an den Zahlen ändern.
Bei Inzidenzen um die 200 Infektionen in sieben Tagen pro 100 000 Einwohner prognostizieren Notfallmediziner für Anfang Mai rund 5000 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen.
Patienten werden jünger
Die gute Nachricht: Kommt keine neue gefährlichere Mutante hinzu und geht das Impfen weiter gut voran, könnte die Pandemie nach der aktuellen Prognose im August für die Notfall-Stationen der Kli
niken so gut wie ausgestanden sein. Auf die leichte Schulter nehmen wollen Experten die Lage nicht. „Wir sehen das jetzt schon auf den Intensivstationen, dass sich die Patienten dort ändern: Die werden jünger“, sagte Lars Schaade, Vizepräsident des Robert KochInstituts.
Denn schon in der ersten Welle war lediglich etwa ein Viertel der Intensivpatienten
über 80 Jahre alt. Viele Altenheimbewohner starben in ihren Einrichtungen und kamen gar nicht auf Intensivstationen.
Psychischer Druck
Das Robert Koch-Institut zählt 21,6 Millionen Menschen in Deutschland zur Hochrisikogruppe für schwere Covid19-Verläufe. Als stark erhöht wertet das Institut das Risiko bei Menschen, die über 65 Jahre alt sind oder bestimmte Vorerkrankungen haben, etwa Diabetes, chronische Nierenleiden oder die schwerste Form von Adipositas.
Auch für die Klinikteams haben steigende Zahlen Folgen. „Das ist keine fachliche Überforderung, sie ist physisch und psychisch“, sagte Divi-Mitglied Felix Walcher. Die Erschöpfung des Personals sei bundesweit zu beobachten. Das Verantwortungsgefühl motiviere. „Aber auch das ist irgendwann erschöpft.“Insbesondere, wenn die Wertschätzung und Unterstützung in Kliniken und Gesellschaft zu wenig gezeigt und gelebt werde. „Es besteht die große Sorge, dass mit der chronischen Überlastung des Personals eine Abwanderung der Mitarbeiter aus der Pflege folgt.“