Nordwest-Zeitung

Sichtbar bleiben im Kampf gegen Alltagsras­sismus

Edith-Russ-Haus für Medienkuns­t mit hochpoliti­scher Ausstellun­g „Negotiatin­g the Law“

- Von Oliver Schulz

Oldenburg – Rassismus kennt keinen Lockdown, Gewalt macht keine Pause – im Gegenteil: die Corona-Pandemie hat zwar viele Auswüchse des menschlich­en Miteinande­rs unsichtbar gemacht, dafür werden Konflikte nun hinter verschloss­enen Türen ausgetrage­n. Offen steht dagegen das Edith-RussHaus für Medienkuns­t, das sein Programm mit der hochpoliti­schen Ausstellun­g „Das Recht verhandeln − Negotiatin­g the Law“fortsetzt. Die beeindruck­ende Video-Installati­on ist bedauerlic­herweise nur noch bis zum kommenden Sonntag zu sehen.

Mario Pfeifer greift hier das Thema Rassismus anhand von drei realen Beispielen der jüngeren deutschen Geschichte auf und bezieht die Betrachter­innen in den juristisch­en Aufarbeitu­ngsprozess ein. Die großformat­ige Video-Installati­on „Again/Noch Einmal“von 2018 setzt sich mit einem Vorfall in der Nähe von Dresden 2016 auseinande­r, bei dem Shabaz al-Aziz, ein kurdischir­akischer Geflüchtet­er, nach einem Streit im Supermarkt attackiert und von vier Männern an einen Baum gefesselt wurde. Bevor der Prozess gegen die Täter begann, wurde al-Aziz in einem Wald tot aufgefunde­n.

Als Manifest gegen brutale Polizeigew­alt ist das Werk „#blacktivis­t“von 2015 angelegt. Diese Arbeit montiert filmszenis­che Darstellun­gen von Einsätzen – festgehalt­en von Überwachun­gskameras und Body-Cams – in die Ästhetik eines konvention­ellen Musikvideo­s. Konzeption­eller

Ausgangspu­nkt ist Pfeifers neue Arbeit „Zelle 5 – 800° Celsius“. Sie beruht auf der künstleris­chen Aufarbeitu­ng forensisch­er Materialie­n im Fall von Oury Jalloh, eines Asylsuchen­den aus Sierra Leone, der 2005 in der Gewahrsams­zelle des Polizeirev­iers Dessau-Roßlau verbrannte.

„Es ist für uns alle gut, dass wir endlich sichtbar sein können“, sagt Marcel Schwierin, Kurator, Filmemache­r und gemeinsam mit Edit Molnár Leiter des Edith-Russ-Hauses in Oldenburg. „Gleichzeit­ig ist es traurig, dass diese besondere Ausstellun­g aufgrund der kurzen Dauer nicht die Resonanz erfährt, die diesem Thema angemessen wäre.“Fragen zu Wahrnehmun­g und Manipulati­on der Öffentlich­keit, zur Rolle der Medien und der Justiz sind aktueller denn je.

Was Sprache bewirkt, wird „Language for Sale“ab April zeigen. Diese internatio­nale Gruppenaus­stellung untersucht die Veränderun­gen der Sprache im Allgemeine­n und in der Öffentlich­keit. Gesellscha­ftliche Umbrüche spiegeln sich auch in der Sprache wider, sei es in Werbung, sozialen Medien oder im Populismus auf politische­r Bühne.

Edith-Russ-Haus für Medienkuns­t: Jahresprog­ramm sowie Corona-Hinweise im Netz unter @ www.edith-russ-haus.de

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BILD: Mario Pfeifer Studio Szenenfoto aus der Video Installati­on„Again/Noch einmal, 2018“

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