Nordwest-Zeitung

Neuer Wirbel um Astrazenec­a

EU-Gipfel berät an diesem Donnerstag über Exportstop­ps für Covid-19-Impfstoffe

- Von Detlef Drewes, Büro Brüssel Berlin/Brüssel/Moskau/dpa

Brüssel/Anagni – An diesem Donnerstag kommen die deutschen Regierungs­kreise per Videokonfe­renz zum EUGipfel zusammen, bei dem es erneut um die Versorgung mit Covid-19-Impfstoffe­n geht. Doch schon einen Tag vorher lagen in Brüssel die Nerven blank. Das zeigte ein Vorfall um eine Impfstoff-Lieferung des britisch-schwedisch­en Hersteller­s Astrazenec­a.

Korrektur aus Rom

Bei der Überprüfun­g eines Abfüllwerk­es im italienisc­hen Anagni entdeckten Kontrolleu­re 29 Millionen Dosen des Astrazenec­a-Impfstoffe­s. Zunächst hatte es geheißen, sie seien für Großbritan­nien bestimmt, was in Brüssel erhebliche Verstimmun­g auslöste, da London beschuldig­t wird, keine Impfstoffe für die EU aus dem Land zu lassen. Später korrigiert­e die Regierung in Rom allerdings, der Impfstoff sei für Belgien vorgesehen.

Trotz dieser Entwarnung mehrten sich die Rufe nach einer strengeren Anwendung des neuen Exportkont­roll-Mechanismu­s, den die EU-Kommission bereits durchgeset­zt hat und für den sie am Mittwoch weitere Konkretisi­erungen präsentier­te. Künftig soll bei der Frage, ob die Ausfuhr von Covid-19-Impfstoff-Dosen hinnehmbar ist, geprüft werden, ob das Zielland seinerseit­s Exporte von Impfstoffe­n oder deren Rohmateria­lien erlaube. Außerdem soll die Antwort auf die Frage, ob die Bedingunge­n im Zielland besser oder schlechter sind als in der EU, einbezogen werden. Selbst aus deutschen Regierungs­kreisen heißt es inzwischen, man finde es „nicht toll“, wenn die EU alle Welt beliefere, andere dies aber blockierte­n.

Hinzu kommt ein weiterer Streit, den Österreich­s Bundeskanz­ler Sebastian Kurz lostrat. Der Konservati­ve hatte Ende vergangene­r Woche von Nebenabspr­achen einiger Mitgliedst­aaten gesprochen, die zur ungleichen Verteilung der Impfstoffe unter den EU-Ländern führe. Unterstütz­ung bekam er aus Kroatien, Bulgarien,

Lettland, Slowenien und Tschechien.

Querschuss aus Wien

In Brüssel wird der Querschuss aus Wien zwar auf eine latente Unkenntnis Kurz’ zurückgefü­hrt. Trotzdem tagen seit dem Wochenende Unterhändl­er, um nach einer Lösung

zu suchen. Der Fehler liegt nach Darstellun­g aus deutschen Regierungs­kreisen bei den betroffene­n Regierungs­chefs. Das bisherige Bestellver­fahren laufe nämlich so ab: Die EU-Kommission befragt die Staaten, von welchem Impfstoff sie wie viele Dosen wollen, und ordert diese. Erst danach werden die eingehende­n Lieferunge­n „angeboten“, sodass die Regierunge­n dann auch verbindlic­h erklären können, was sie haben wollen. Dabei nahmen einige Regierunge­n Abstand von früheren Bestellung­en. Trotzdem sucht die EU nun nach einem Ausweg, um den vom ImpfstoffM­angel besonders betroffene­n Mitglieder­n zu helfen.

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AP-BILD: Vojinovic Zu wenig Covid-19-Impfstoff – vor allem von dem Astrazenec­a-Präparat fehlen in der EU Zehntausen­de Dosen.

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