Expedition durch Corona-Deutschland
Fotograf Ingmar Björn Nolting dokumentiert Menschen im Corona-Alltag
2020 Bundestag und Bundesrat verabschieden einen Nachtragshaushalt mit neuen Schulden in Höhe von 156 Milliarden Euro. Damit sollen Corona-Hilfsprogramme finanziert werden.
2001 Mit dem Beitritt von Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden zum Schengen-Abkommen schaffen die Länder die Grenzkontrollen für EU-Bürger ab.
1988 Das Kulturmagazin „Das literarische Quartett“mit Marcel Reich-Ranicki geht beim ZDF auf Sendung.
Geburtstage: Tatjana Patitz (1966, Bild), deutsches Model und Schauspielerin; Giora Feidman (1936), israelischer Klarinettist, Star der osteuropäischen Klezmer-Musik; Trude Simonsohn (1921), Autorin und Holocaust-Überlebende
Todestag: Karl Ernst Osthaus (1874-1921), deutscher Kunstmäzen und Kunstsammler
Wie geht die Gesellschaft mit Corona um? Das fragt sich der vielfach ausgezeichnete Fotograf Ingmar Björn Nolting und begann im März 2020 seine Reise quer durch Deutschland. Seine Fotografien bündelt der 25-Jährige unter dem Namen „Neuland“; sie dokumentieren einen gesellschaftlichen Ausnahmezustand. An diesem Donnerstag ist er digital in einem Vortrag zu erleben.
Das Thema Corona ist seit einem Jahr in allen Medien präsent: Haben Sie damit gerechnet, dass Ihre Fotoreihe „Neuland“so erfolgreich sein wird? Nolting: Nein. Meine ursprüngliche Idee war eine andere. Ich wollte mit meinen Fotos einen Kontrapunkt zur medialen Berichterstattung setzen, die tagesaktuell und im hohen Tempo über Corona berichtet. Ich beleuchte mit meinen Fotografien verschiedene Aspekte: Wie die Gesellschaft mit dem Thema und den politischen Maßnahmen umgeht, und welche Auswirkungen die Situation auf die Menschen hat. Ich hatte geplant, das Projekt als „Rückschau“erst nach der Krise zu veröffentlichen. Dann kam alles anders. Es gab bereits großes Interesse an den Fotos, als ich noch unterwegs war und ein Ende nicht in Sicht war.
Wie haben Sie die Zeit empfunden, in der Sie für Ihr Projekt fotografiert haben? Nolting: Die erste Phase empfand ich als sinnstiftend und zugleich wahnsinnig spannend. Es war ein totaler Ausnahmezustand, und ich war mittendrin, konnte vieles miterleben.
Neben den negativen Aspekten der
Krise auch positive Dinge wie der enorme gesellschaftliche Zusammenhalt. Im ersten Lockdown ging es viel um kreative Lösungen, damit die Menschen das tun können, was sie lieben und für sie wichtig ist. Im weiteren Verlauf wurde alles mehr und mehr zur Routine und zur
Normalität für mich. Da geht es mir hier wahrscheinlich ähnlich wie vielen anderen.
Ihre Langzeitdokumentationen behandeln soziale, geografische und geopolitische Isolation. Was fasziniert Sie daran? Nolting: Ausschlaggebend war mein Freiwilliges Soziales Jahr in Berlin. Dort war ich in einer Notübernachtung für Obdachlose tätig und habe so einen Eindruck von einem von der Gesellschaft abgeschotteten Leben bekommen. Das hat mein Interesse für solche Themen geweckt. Meine Langzeitdokumentation über das „Iduna-Hochhaus“in Göttingen hat eine eigene kleine Welt und ein System offenbart, was ganz unabhängig von allem drum
herum existiert. Und die aktuelle Covid-Krise fällt auch in diesen Themenbereich.
Das sind Themen, die sehr belastend sein können. Können Sie abschalten von der Arbeit? Nolting: Unterschiedlich. Ich habe Phasen, in denen es mir leicht fällt, Abstand zu gewinnen, und Zeiten, wo es schwieriger ist. Es ist wichtig, den
Umgang damit zu lernen. Das bedeutet, sich Zeit zu nehmen, den Kopf freizubekommen. Ich beschäftige mich dann mit anderen Dingen.
Woran arbeiten Sie zurzeit? Nolting: An meinem CovidProjekt und dem Buch dazu, das 2021 oder 2022 veröffentlicht wird. Das ist ein Vollzeitjob. Es wird oft fälschlicherweise
berichtet, dass mein Projekt nur den ersten Lockdown behandelt. Aber das ist ein viel größeres Projekt, welches noch nicht fertig ist. In meinem Vortrag am heutigen Donnerstag erzähle ich mehr über den aktuellen Stand und meine Erlebnisse und Erfahrungen meiner bisher einjährigen Reise durch das Corona-Deutschland.
„ Es gab auch positive Dinge wie enormen gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Ingmar Björn Nolting Freier Fotograf