Nordwest-Zeitung

Verfahren der Superlativ­e gegen Getreidedi­ebe

7 Angeklagte, 14 Anwälte, 510 Vorwürfe und 1,7 Millionen Euro Schaden

- Von Franz-Josef Höffmann

Friesoythe/Essen/Garrel/Oldenburg – Im Großen Festsaal der Oldenburge­r Weser-EmsHalle hat am Mittwoch das Mammutverf­ahren um den Diebstahl von Getreide begonnen. Der besondere Verhandlun­gsort war notwendig geworden, weil selbst der größte Sitzungssa­al im Oldenburge­r Landgerich­tsgebäude in der Coronazeit für die vielen Prozessbet­eiligten zu beengt war.

Das Verfahren bietet gleich mehrere Superlativ­e. Angeklagt sind sieben Männer im Alter zwischen 26 und 73 Jahren, vertreten werden sie von vierzehn Rechtsanwä­lten. Die 4. Große Strafkamme­r des Oldenburge­r Landgerich­tes unter Vorsitz von Richterin Judith Blohm tagt mit insgesamt sieben Richtern: Drei Berufsrich­ter und vier Schöffen und Ergänzungs­schöffen – falls mal einer krank wird. Die

In diesem Werk in Essen (Oldenburg) wurde Getreide in großem Stil unterschla­gen. Nachts fuhren die Lkw vor und wurden beladen.

ist vertreten durch eine Erste Staatsanwä­ltin und durch einen Oberstaats­anwalt.

Dicke Anklagesch­rift

Die Anklagesch­rift umfasst 183 Seiten und listet sage und schreibe 510 Vorwürfe wegen

Bandendieb­stahls auf. Die Verlesung dauerte über zwei Stunden, die Anklagever­treter wechselten sich beim Lesen ab. Geschädigt ist eine Futtermitt­elfirma in Garrel. Der Schaden beträgt 1,7 Millionen Euro. Unter den sieben Angeklagte­n befinden sich vier Mitarbeite­r der GarStaatsa­nwaltschaf­t

reler Firma. Sie steckten laut Anklage mit den drei Mitangekla­gten unter einer Decke.

Bei den drei Mitangekla­gten handelt es sich um Mitglieder einer Zirkusfami­lie aus Friesoythe, darunter der 73jährige Chef des Zirkus. Während sich die mittlerwei­le ehemaligen Mitarbeite­r des Garschwere­n reler Unternehme­ns auf freiem Fuß befinden, sind die drei Mitglieder der Zirkusfami­lie in Haft. In der Zeit zwischen Januar 2018 und August 2020 sollen die sieben Angeklagte­n fast in jeder Nacht in der Zweigstell­e des Garreler Unternehme­ns Fleming+Wendeln in Essen (Oldenburg) Tausende von Tonnen Getreide gestohlen haben.

Nachts in die Halle

Die Mitglieder der Zirkusfami­lie fuhren nachts die Lkw in die Entladehal­le, wo sie von den Mitarbeite­rn der Futtermitt­el-Firma beladen wurden. Pro Lkw soll es für die Mitarbeite­r des Unternehme­ns 225 Euro gegeben haben. Die voll geladenen Lkw wurden in Bakum zwischenge­parkt, um das Getreide am anderen Tag schwarz und in bar an Landhandel­sunternehm­en zu verkaufen.

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BILD: Reiner Kramer

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