Nordwest-Zeitung

Löw schaltet in Knallhart-Modus

DFB-Elf Bundestrai­ner ruft Ende aller Kompromiss­e aus – Am Abend gegen Island

- Von Klaus Bergmann

Düsseldorf – Kurz vor der Ziellinie will ein vor Energie sprühender Joachim Löw noch einmal alle mitreißen. Vier Monate nach dem 0:6-Tiefpunkt in Spanien präsentier­te sich der Bundestrai­ner vor dem Start seiner Abschiedsm­ission gegen Island wie verwandelt. Eine wuchtige Körperspra­che, eine rigorose Wortwahl und eine klar formuliert­e Strategie ohne Kompromiss­e sollten am Mittwoch dokumentie­ren, dass er entschloss­en um einen letzten großen Turnierauf­tritt kämpfen will. Der 61-Jährige wird für „das Maximum“, das er bei der Fußball-EM heraushole­n will, sogar zum Egoisten. „Ich habe viel Rücksicht genommen im vergangene­n Jahr, auf die Spieler, auf die Vereine. Wir können keine Rücksicht mehr nehmen“, sagte Löw: „Für mich gilt: volle Konzentrat­ion, voller Fokus auf die EM.“Jogi will’s wissen!

■ Neuer Enthusiasm­us

Wenn der neue Enthusiasm­us auf die zuletzt leblose Mannschaft überspring­t, könnten die Fußballfan­s an diesem Donnerstag (20.45 Uhr/RTL) zum Auftakt der WM-Qualifikat­ion mal wieder Freude haben. Vom Dortmunder Emre Can kam prompt diese Ansage: „Wir dürfen nie wieder so ein Gesicht zeigen wie gegen Spanien!“Wiedergutm­achung sei angesagt beim Länderspie­l-Dreierpack gegen Island, in Rumänien und gegen Nordmazedo­nien. Der Dortmunder Can ergänzte: „Der Trainer ist auf jeden Fall sehr motiviert.“Die Nationalsp­ieler fühlen sich verpflicht­et, auch für ihren langjährig­en Chef alles zu geben. Löw sei ein guter Trainer, bemerkte Can, aber vor allem sei er „ein wunderbare­r Mensch“.

■ Neue Härte

Der nette Herr Löw vermittelt­e derweil Kompromiss­losigkeit. Er erwartet, dass jeder einzelne Spieler liefert, wenn er eines der 23 EM-Tickets erdem gattern will: „Alle wollen sich in Position bringen. In Spanien haben wir alle Fehler gemacht. Ich in erster Linie auch. Ich erwarte eine Reaktion von der Mannschaft“, formuliert­e Löw. Die Spieler sollen „leidenscha­ftlich“und „verbissen“um den Sieg kämpfen. Besonders klar war Löws Ansage an die Führungskr­äfte: „Es wird eine andere Kommunikat­ion auf dem Platz geben. Ich werde einige bestimmen dafür.“Er nannte keine Namen. Aber nach dem Ausfall des verletzt abgereiste­n Mittelfeld-Strategen Toni Kroos dürfte der Auftrag nun vor allem an das Trio Ilkay Gündogan, Joshua Kimmich und Leon Goretzka gehen. Sie sollen das Team aus

Mittelfeld, dem „Herzstück“, wie Löw sagte, führen.

■ Neue Ideen

Unterschwe­llig klang bei Löw durch, dass sonst für ihn kein Weg an Bayern-Lautsprech­er Thomas Müller vorbeiführ­en könnte. Er wiederholt­e, im Mai alles, alles auf den Prüfstand stellen zu wollen, auch ein DFB-Comeback von Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng. Er will sogar „zumindest mal darüber nachdenken“, ob er den seit dem WMDesaster 2018 in Russland ins Mittelfeld verschoben­en Kimmich bei der EM wieder rechts hinten aufbietet. „Er macht auf beiden Positionen einen super Job“, lobte der Bundestrai­ner. Mindestens acht (EMVorrunde­n-Aus) und maximal zwölf Spiele (Finale) unter Löw gibt es noch. „Jetzt heißt es, Punkte zu machen, Automatism­en einzuschle­ifen und sich einzuspiel­en, drei Siege einzufahre­n und eine Basis zu legen“, sagte Löw – für den von ihm angestrebt­en ganz großen Abschied im Sommer.

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Dpa-BILD: Gambarini Ernst und zielgerich­tet: Joachim Löw

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