Klare Worte und etwas Gepolter?
Das sind die Lehren nach dem 3:0-Sieg gegen Island
Fußball-Länderspiele gegen Island scheinen wie gemacht dafür zu sein, auch ein bisschen TV-Geschichte zu schreiben. Sehr gut kann ich mich etwa noch an die legendäre Weizenbier-Käse-Scheißdreck-Wutrede des damaligen Teamchefs Rudi Völler 2003 in der ARD erinnern. Auf klare Worte und vielleicht auch etwas Gepolter hat jetzt wohl auch RTL gehofft, indem man Uli Hoeneß als TV-Experten für das Spiel am Donnerstag gegen Island gewinnen konnte. Wie sich der Ex-Manager des FC Bayern bei der Premiere geschlagen hat, beleuchtet unser ehemaliger Sportchef sowie Kultur- und TV-Kritiker Horst Hollmann in seiner sehr lesenswerten Kolumne.
Duisburg – Die drei klaren Botschaften wurden auch von den zuletzt heftig enttäuschten Fußballfans registriert. Ein couragierter Drei-Tore-Auftritt gegen Island, ein plakativer Protest gegen die Menschenrechtsverletzungen im nächsten WM-Gastgeberland Katar und ein sensibler Umgang mit der Corona-Krise: Der Start der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ins EM-Jahr lieferte erste zarte Gründe zur Zuversicht. Das Entscheidende am 3:0-Abend war: Anders als bei der 0:6-Schmach in Spanien im November demonstrierte das Team mit einem starken Bayern-Block insbesondere eines: Charakter.
■ Couragiert
„Wir wollten von Anfang an Zeichen setzen“, sagte Löw nach dem Start der neuen WM-Qualifikation, dem an diesem Sonntag (20.45 Uhr/ RTL) gegen Rumänien der nächste Erfolg folgen soll. „Wir wissen, dass wir unter besonderer Beobachtung waren“, erfür
gänzte der im Sommer scheidende Bundestrainer.
■ Protestiert
Nicht nur sportlich zeigte die Elf Entschlossenheit und Teamgeist. Mit der Aufschrift „Human Rights“(Menschenrechte) auf den schwarzen Shirts machte es deutlich, dass es die teilweise verheerenden Begleiterscheinungen des Fußball-Geschäfts kritisch begleitet. „Darüber wird immer wieder diskutiert. Das möchten wir der Gesellschaft klarmachen, dass wir das nicht ignorieren“, sagte Torschütze Leon Goretzka (zudem trafen Kai Havertz und Ilkay Gündogan). WM-Gastgeber Katar steht wegen der Ausbeutung
von Gastarbeitern in der Kritik. Löw stufte die Botschaft als „wichtiges Zeichen“ein. „Die Spieler haben es am Spieltag größtenteils selber auf die Trikots gezeichnet“, sagte der 61-Jährige. Dies demonstriere, „dass wir für alle Menschenrechte, egal wo auf der Welt, einstehen, dass das unsere Werte sind“, so der Bundestrainer. „Diese Aktion setzt ein wichtiges Zeichen für die Lage in Katar und erhöht den Druck auf die Regierung“, sagte Sprecher Wolfgang Büttner von „Human Rights Watch“.
■ sensibilisiert
Bei der Wüsten-WM wird Löw nicht mehr in der CoachingZone stehen. Das aber spielt ihn keine Rolle, wenn er mit seinem Team in den Charterflieger nach Bukarest steigt. Die Corona-Problematik dagegen wird den DFB-Tross nach dem ersten positiven Fall innerhalb des Nationalteams dorthin begleiten. Die Kontakte sollen auf der Reise so gering wie möglich gehalten werden. Schon am Freitag hatte die medizinische Abteilung im Düsseldorfer Hotel zwei weitere Corona-Testreihen für alle Spieler und Betreuer angesetzt. Der Bundestrainer vertraut seinem Personal, „weil die Sinne absolut geschärft sind bei uns vom ersten Tag an“. Auf Nachnominierungen will Löw zunächst verzichten, weil das durch das Anti-Corona-Konzept nicht so einfach ist. „Wir hoffen, dass es uns nicht mehr passiert, wenn wir jetzt länger in der Blase sind“, sagte er zu der Ansteckungsproblematik. Auf den positiv getesteten Gladbacher Jonas Hofmann und den Leipziger Marcel Halstenberg, der als Kontaktperson der ersten Kategorie ebenfalls in häusliche Quarantäne geschickt wurde, muss Löw nun verzichten.