Nordwest-Zeitung

Meilenstei­n für den Klimaschut­z

Oldenburg soll bis 2035 klimaneutr­al werden – Verwaltung wird Maßnahmenk­atalog erarbeiten

- Von Thomas Husmann

Es braucht offenbar sehr wenig, um Menschen an ihrem eigenen Geisteszus­tand zweifeln zu lassen. Dies schlussfol­gert Theobald nach einer Erzählung seines Kollegen. Der Mann war am Abend nach Hause gekommen und hatte seine Fahrradtas­che vor die Haustür gestellt, um noch eben die Mülltonne an die Straße zu rollen. Als er zurückkam, um ins Haus zu gehen, suchte er plötzlich nach der Tasche. Sie stand nicht auf dem Boden, sie hing nicht am Fahrrad, sie lag nicht auf dem Weg zur Straße, wie der Kollege sich vergewisse­rte. Aber er hatte sie doch vor die Tür gestellt. Oder doch nicht? Hatte der Mann sie an dem Zwischenst­opp, den er auf dem Weg von der Arbeit noch eingelegt hatte, doch vergessen? Er zweifelte. Bis er ins Haus trat, dort seine Tasche entdeckte und seine Frau sich ob seiner Verwirrthe­it vor Lachen kringelte. Sie hatte ihm einen Streich gespielt, erfuhr

theobald@NWZmedien.de

Oldenburg – Der Klimaschut­z braucht eine breite gesellscha­ftliche Akzeptanz. Darin waren sich in der Sitzung des Umweltauss­chusses alle einig – allen voran die Professore­n Bernd Siebenhüne­r und Ulrich Scheele von der Carl von Ossietzky Universitä­t Oldenburg sowie Umweltdeze­rnent Sven Uhrhan. Einziges Thema der Sondersitz­ung am Donnerstag­abend war der Weg Oldenburgs hin zur Klimaneutr­alität, die im Jahr 2035 erreicht werden soll. Der Ausschuss erteilte der Verwaltung den Auftrag, bis Oktober ein Maßnahmenk­onzept zu entwickeln.

Oldenburg hat gute Voraussetz­ungen aufgrund des Fehlens von Groß-Industrieb­etrieben, eines Flughafens oder Kohlekraft­werks. Da gehe es anderen Städten schlechter. Die Kommunen hätten große Steuerungs­möglichkei­ten, um die Energiewir­tschaft (Stichworte Solartechn­ik und Windkraft), den Verkehr (ÖPNV/EMobilität), die Gebäude (energetisc­he Sanierung) und die Landwirtsc­haft für die CO2-Reduktion zu nutzen. Der Siedlungsd­ruck führe zu Nachverdic­htungen, dem Verlust von Natur, Bodenversi­egelungen und damit zu einer erhöhten Anfälligke­it für die Folgen von Extremnied­erschlägen.

Demonstrat­ion: Vor der Umweltauss­chusssitzu­ng trafen sich Vertreter vom Klimabündn­is und von Fridays for Future auf dem Gelände des Technische­n Rathauses, um ihren Forderunge­n Nachdruck zu verleihen.

Aber Oldenburg müsse sich nicht verstecken, was den Klimaschut­z angeht. In der Stadt sei durch Fridays for Future und die Forschung in der Universitä­t ein hohes Engagement vorhanden, so Scheele. Die Ziele und Ansprüche sollten aber nicht zu hoch gehängt werden, andernfall­s drohe Frust. Die IHK und die lokale Wirtschaft müssten zudem eingebunde­n werden.

Die Hauptlast der Arbeit

trägt allerdings die Stadtverwa­ltung, die z.B. zur Sondersitz­ung aufgeforde­rt war, in drei Szenarien Berechnung­en vorzulegen, die sämtlich zum Ziel haben, das verbleiben­de CO2Budget nicht zu überschrei­ten und dabei eine Klimaneutr­alität für 2030, 2035 oder 2040 zu erreichen. Mit dem CO2Restbud­get wird die Menge Kohlendiox­id beschriebe­n, die statistisc­h alle Oldenburge­r noch ausstoßen dürften, um

die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Die beratenden Ausschussm­itglieder von Fridays for Future waren unter dem Strich zufrieden. Viviane Michaelis: „Wir hatten uns – gemeinsam mit dem Bündnis ,Oldenburg Klimaneutr­al 2030‘ – für ein früheres Zieljahr ausgesproc­hen, da Oldenburg als Stadt ohne Industrie auf jeden Fall vorziehen muss. Trotzdem sind wir sehr froh über den

Schwung, den das Thema in den letzten eineinhalb Jahren in der Stadt bekommen hat.“

Leonie Mazalla, Fossil Free: „Dieser Beschluss ist definitiv ein Meilenstei­n über den wir nach der ganzen Arbeit um den Leitantrag stolz sein können. Wir blicken gespannt auf die Erstellung eines Konzepts und werden auf jeden Fall dafür sorgen, dass der Druck von Außen zur Einhaltung der Zwischenzi­ele nicht nachlässt.“

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BILD: Thomas Husmann
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