Durchhalten in Sande – Oder: Was den echten Fan ausmacht
Wir reisten bei strahlendem Sonnenschein an. Der literarisch musikalische Krimiabend im historischen Gut Altmarienhausen in der Gemeinde Sande war seit Wochen ausverkauft.
Es sollte alles an der frischen Luft stattfinden. Würstchen lagen schon auf dem Grill. Es gab eine Bierbude und einen Büchertisch.
Auf der kleinen Bühne bauten meine Frau Bettina Göschl und ich auf. Hinter uns eine Scheune, über uns ein kleines Dach. Die Mikros funktionierten, die Anlage reichte aus, um den ganzen Platz zu beschallen. Gutgelaunt saßen die Gäste, unter ihnen viele Pärchen, an langen Tischen.
Ein Fasan, ein Pfau und
Klaus-Peter Wolf, Bestsellerautor und Verfasser der berühmten Ostfrieslandkrimis, schreibt jede Woche für unsere Zeitung auf, was ihm als WahlOstfriesen an Norddeutschland so sehr gefällt.
mehrere Hühner spazierten ohne Scheu herum. Ich wollte meinen neuen Roman vorstellen. Wir bekamen selbst gemachten Kuchen und fühlten uns wohl. Bettina hatte ein neues Krimilied geschrieben, das heute Premiere haben sollte. Ein Fanclub aus Ostfriesland war gut gelaunt angereist.
Von hinten näherte sich über uns, von mir unbemerkt, eine schwarze Wolke. Schon bei der Tonprobe goss es in Strömen. Ich versuchte es mit Humor zu nehmen und sagte den Gästen: „Wenn das ein Roman von mir wäre, würde es erst nach der Veranstaltung regnen. Aber das ist das Doofe an der Realität, ich habe nicht halb so viel Einfluss darauf, wie auf das, was in meinen Büchern geschieht. Da bestimme ich, wann es regnet.“
Ich dachte, jetzt gehen alle nach Hause. Die Bierbude baute schon ab. Die Buchhändlerinnen brachten die Bücher in Sicherheit. Da stand ganz hinten ein Mann auf. Er rief über alle Köpfe hinweg: „Wir sind Friesen!“Damit war das schon mal geklärt. Niemand verließ seinen Platz. Und ich sah, was
Ostfriesen tun, wenn es regnet.
Sie legen die Hand über ihr Bierglas. Wer trinkt schon gern verdünntes Bier?
Dann sah ich wie tolerant man hier ist. Den angereisten Touristen wurde tatsächlich erlaubt, Regenschirme zu öffnen.
Es fühlte sich unwirklich an, aber ich las gut eine Stunde lang Menschen vor, die in strömendem Regen an Biertischen saßen. Bettina wurde für ihren neuen Song gefeiert und viele sangen mit.
Als wir uns am Schluss vor dem Publikum und seinem Durchhaltevermögen verbeugten, hörte es schlagartig auf zu regnen.
Ein anwesender
Kollege sagte zu Bettina und mir: „Was müsst ihr für glückliche Künstler sein, wenn ihr solche Fans habt.“
Ja in der Tat, das sind wir. Das alles ist schon viele Jahre her, doch immer wieder werde ich an diesen denkwürdigen Abend erinnert.
Irgendwo im Land, bei einer Signierstunde steht manchmal ein stolzes Pärchen vor mir und zeigt lachend den erhobenen Daumen.
Dann – nach einer kurzen Pause – sagt einer von ihnen triumphierend: „Wir waren in Sande dabei!“
Alle Kolumnen unter:
@ www.nwzonline.de/mein-ostfriesland