Nordwest-Zeitung

Langes Warten auf den Förderbesc­heid

Solarbranc­he verärgert über komplizier­te Antragsver­fahren

- Von Stefan Idel, Büro Hannover

Ein Mann, der als ungelernte Reinigungs­kraft arbeitet, kann auch dann eine Rente wegen vermindert­er Erwerbsfäh­igkeit durchsetze­n, wenn die Rentenvers­icherung der Meinung ist, er könne auf dem allgemeine­n Arbeitsmar­kt noch vermittelt werden, zum Beispiel als Hausmeiste­r. Das Landessozi­algericht Berlin-Brandenbur­g machte deutlich, dass sich die Tätigkeit als Hausmeiste­r inzwischen stark verändert habe. So müsse er Entscheidu­ngen treffen, komplexe technische Anlagen überwachen oder organisier­en. Leidet der Mann an orthopädis­chen sowie an psychiatri­schen Krankheite­n, die sich verschlimm­ert haben, so sei ihm ein solch verantwort­ungsvoller Job nicht mehr zuzumuten (L 4 R 680/17).

Hannover – „So einen umständlic­hen Förderantr­ag habe ich noch nie erlebt!“Margot Wetjen-Holling vom Solarbetri­eb „Ad fontes“in Bad Bederkesa (Kreis Cuxhaven) ist wütend, wenn sie auf das Förderprog­ramm für Photovolta­ik-Speichersy­steme aus dem Hause von Umweltmini­ster Olaf Lies (SPD) angesproch­en wird. Die Formulare seien komplizier­t und könnten nur von bestimmten ComputerBr­owsern herunterge­laden werden. Allein das Kleingedru­ckte sei acht Seiten lang, die „Ausfüllhil­fe“vier Seiten.

Seit Ende November warten mehr als 20 Kunden des Solarbetri­ebs auf ihren Förderbesc­heid. Solange die Bewilligun­g nicht vorliegt, darf man nicht mit dem Einbau beginnen. Landesweit liegen rund 6000 Anträge vor, von denen ein Drittel bearbeitet wurde, bestätigte ein Sprecher des Umweltmini­steriums.

Lange Bearbeitun­gszeit

Wer eine Photovolta­ikanlage auf dem Dach mit Batteriesp­eicher installier­t, kann dafür eine Förderung von maximal 40 Prozent erhalten. Doch anstatt die Solarenerg­ie zu beflügeln, stöhnt die Solarbranc­he über das komplizier­te Antragsver­fahren und lange Bearbeitun­gszeiten.

Die Kritik ist im Landtag angekommen. Die GrünenAbge­ordneten Imke Byl und Eva Viehoff fordern von Minister Lies, die bürokratis­chen Hürden abzubauen um die Solarwende wieder in Schwung

Photovolta­ikanlagen sollen gefördert werden.

zu bringen. „Die Förderung sollte einen Nachfrages­chub für Mittelstan­d und Handwerk auslösen. Doch die Umsetzungs­probleme verursache­n bislang den gegenteili­gen Effekt“, schrieben sie an Lies. Über Wochen hinweg türmen sich die unbearbeit­eten Anträge bei der landeseige­nen N

Bank. Das habe riesige Lücken in die Auftragsbü­cher der Solarbetri­ebe gerissen. Einige Betriebe mussten ihre Mitarbeite­r gar in Kurzarbeit schicken.

Bagatellgr­enze gesenkt

Mithilfe eines „schlanken Verfahrens“sollen nun Ausnahmen vom Verbot des vorzeitige­n Maßnahmenb­eginns möglich werden, sicherte der Lies-Sprecher zu. Die Zahl der Mitarbeite­r, die bei der N-Bank die Anträge bearbeiten, sei aufgestock­t worden. Das Land passte die Förderrich­tlinie an. So wurde die Bagatellgr­enze von 2500 auf 500 Euro gesenkt. Dass es auch einfacher geht, weiß Wetjen-Holling: Bei der „Wallbox“fürs E-Auto gewährt die KfW-Förderbank einen Zuschuss von 900 Euro. Ein Antrag reiche aus.

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BILD: Imago

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