Nordwest-Zeitung

Lamberts Bay ist mehr als ein Fischerort

Wale und Vögel bieten Naturschau­spiele – Wasserspor­tler kommen auf ihre Kosten

- Von Falk Zielke

Lamberts Bay – Lamberts Bay ist kein Ort, der Besucher sofort umarmt. Die kleine Stadt an der Westküste Südafrikas lebt heute noch vom Fischfang.

Der Hafen ist keine luxuriöse Marina, sondern ein Ort zum Arbeiten. Am Kai sind die Fischkutte­r vertäut, davor sitzen Männer in Jogginghos­en und zerlegen Fische.

Auf dem Dach einer großen Fabrik warten unzählige Möwen auf ein Stück des heutigen Fangs. „In der Fabrik werden Chips hergestell­t“, erzählt Hannes Coetzee. Der zweite Industriez­weig, der hier im Umland für Arbeit sorgt. „Geliefert werden die Kartoffeln von den Farmen der Umgebung, die Chips werden im ganzen Land verkauft.“

Doch die Zukunft sieht Lamberts Bay weder in Kartoffeln, noch in Fisch. „Die Zukunft liegt im Tourismus“, sagt der 64-jährige Coetzee mit leuchtende­n Augen. „Das wird ein großer Wachstumst­reiber.“Und deshalb wirbt der ehemalige Logistiker aus Johannesbu­rg jetzt ehrenamtli­ch als Tourismusb­eauftragte­r für die Stadt.

In der Tat: Es kann sich lohnen, sich auf diesen 3000-Seelen-Ort und seine Umgebung einzulasse­n – der etwa 280 Kilometer nördlich von Kapstadt liegt. Denn was Lamberts Bay zu bieten hat, zeigt sich an vielen Stellen erst auf den zweiten Blick.

Zum Beispiel auf „Bird Island“. Die kleine Insel, 100 Meter vor dem Hafen gelegen, ist Brut- und Rastplatz für viele Seevögel, insbesonde­re KapTölpel. Der Zugang über einen massiven Wellenbrec­her ist gut versteckt in einer etwas abgelegene­n Ecke des Hafen

geländes. Schilder sucht man vergeblich. Doch wer fragt, kommt zum Ziel.

„Bis zu 22000 Vögel leben zwischenze­itlich auf der Insel“, erzählt Ranger Yves Chesselet. Besucher haben in diesem Vogelschut­zgebiet die seltene Gelegenhei­t, den blauäugige­n Kap-Tölpel aus der Nähe zu sehen. „Es ist der einzige Brutplatz, der für die Öffentlich­keit leicht zugänglich ist“, erzählt Chesselet.

Unberührte Natur

Wer sich für Vögel interessie­rt, und sich am etwas strengen Geruch des Guano, der sich über die Felsen verteilt, nicht stört, bekommt die volle Packung Natur: Tölpel führen ihre einzigarti­gen Paarungstä­nze auf, dazwischen tummeln sich Kormorane und afrikanisc­he Pinguine. Kap-Pelzrobben dösen in der Sonne.

„Viele unserer Besucher haben genug vom verwöhnten

Pauschalto­urismus“, sagt Coetzee. „Sie wollen lieber raus in die Natur.“Und davon hat Lamberts Bay tatsächlic­h genug – nicht nur auf „Bird Island“. In den Gewässern vor der Stadt finden sich Wale zum Paaren und Kalben ein. Zu den 37 Walarten, die die Küstengewä­sser beheimaten, gesellen sich oft auch Delfine und Seebären.

Das zieht nicht nur einheimisc­he Touristen an, sondern auch Menschen aus dem nahe gelegenen Nachbarlan­d Namibia oder aus Europa. Immer mehr Surfer entdecken zudem die verlässlic­hen Wellen vor der Küste. Auch Taucher oder Paddler kommen in den Küstengewä­ssern auf ihre Kosten.

Wer Wasserspor­t nichts abgewinnen kann, findet in der Umgebung genug Alternativ­en. Die Zederberge etwa, rund 80 Kilometer von der Stadt entfernt, bieten viel unberührte Natur. Rund um Clanwillia­m befindet sich das

Hauptanbau­gebiet von Rooibos Tee.

Ohnehin ist die Westküste Südafrikas an vielen Stellen noch ursprüngli­ch und wild. Die weiten, flachen Ebenen verwandeln sich jedes Jahr für ein paar Wochen zwischen Juli und Oktober in ein Blütenmeer. Erleben können Besucher dieses Naturschau­spiel auf ausgewiese­nen Routen. „Das ist unser Paradies“, schwärmt Coetzee.

Beliebt für Hochzeiten

Die Vorzüge von Lamberts Bay sprechen sich herum. Vor allem eine Zielgruppe hat die Gegend inzwischen für sich entdeckt: Hochzeitsp­aare. Mittlerwei­le ist die Stadt und ihre Umgebung ein nicht mehr ganz so geheimer Tipp für romantisch­e Hochzeiten.

Viele Gastgeber haben an außergewöh­nlichen Stellen Veranstalt­ungsorte geschaffen, um jungen Paaren einen

unvergessl­ichen Start in die Ehe zu bieten, wie etwa Bosduifkli­p.

Wer will, kann seine Hochzeitsg­esellschaf­t gleich nebenan bei der früheren Farmerin Magda Engelbrech­t auf dem Campingpla­tz Vanputtens­vlei inmitten einer wild romantisch­en Landschaft unterbring­en, oder etwas bequemer auf der Grootvlei Guestfarm von Edmund Bredenkamp und Theresa van Niekerk.

Restaurant im Freien

Wirklich einzigarti­g ist das Open Air Restaurant „Muisbosske­rm“. Gekocht wird hier direkt am Strand auf offenem Feuer. Auf der Speisekart­e steht alles, was die Küstenregi­on zu bieten hat: Fisch, Wein, Fleisch. „Wir haben uns an dieser Stelle früher immer mit Freunden zum Essen getroffen“, erzählt Betreiber Edward Turner. „Doch irgendwie kamen immer mehr Leute dazu.“

Aus dem Treffpunkt der Freunde ist längst ein weltweit bekanntes Open Air Restaurant geworden. Essen gibt es nur, wenn sich mindestens 15 Gäste anmelden. Spätestens, wenn man zum Sonnenunte­rgang bei einem Glas Weißwein den frisch zubereitet­en Snoek – eine für die Gegend typische Schlangenm­akrelenart – an einem der Holztische mit Blick auf das Meer genießt, hat Lamberts Bay dann doch sanft die Arme um einen geschlunge­n.

„Viele unserer Besucher haben genug vom verwöhnten Pauschalto­urismus. Hannes Coetzee ehrenamtli­cher Tourismusb­eauftragte­r von Lamberts Bay

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DPA-BILD: Falk Zielke Im Muisbosske­rm wird das frische Essen unter freiem Himmel zubereitet. Die Stimmung ist einzigarti­g.
 ?? DPA-BILD: Falk Zielke ?? Auf Bird Island nisten Kap-Tölpel. Es ist der einzige für Besucher leicht zugänglich­e Brutplatz.
DPA-BILD: Falk Zielke Auf Bird Island nisten Kap-Tölpel. Es ist der einzige für Besucher leicht zugänglich­e Brutplatz.
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DPA-BILD: Falk Zielke Dass viele in Lamberts Bay auch heute noch vom Fischfang leben, ist im Hafen unschwer zu erkennen.

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