Nordwest-Zeitung

Expertenti­pps zum Wohnmobilm­ieten

Beim Ausleihen von Privatpers­onen auf speziellen Versicheru­ngsschutz achten

- Von Andreas Kötter

Stuttgart – Die Caravaning­Industrie boomt. Der Kaufpreis für ein neues Wohnmobil bewegt sich allerdings im Bereich von mehreren Zehntausen­d Euro. Und selbst ein gutes Fahrzeug aus zweiter Hand ist kein Schnäppche­n.

Die Leihe, ob nun von privat via Sharing oder gewerblich als klassische Fahrzeugmi­ete, sei dann die ideale Möglichkei­t, ohne eine allzu große Investitio­n einmal zu testen, ob man wirklich Spaß an einem Wohnmobil-Urlaub hat, sagt Thomas Schmies, Marketing-Experte beim Deutschen Caravaning Institut (DCI). Spätestens nach zwei Wochen wisse man, ob man Camper sei – oder eben nicht.

Urlaub im Wohnmobil sei etwas ganz anderes als ein Pauschal-Urlaub im 5-SterneHote­l: „Wer mit dem Wohnmobil unterwegs ist, findet in der Regel keine in Rosen-Form geschnitzt­en Radieschen auf dem Frühstücks­buffet, es sei denn man schnitzt selbst“, gibt er zu bedenken.

Mehr Individual­ität

Auch Constantin Hack hält Mieten oder Sharen für eine gute Alternativ­e zu einem vielleicht überstürzt­en Kauf. Das Prozedere sei zwar in beiden Fällen ähnlich, so der Caravaning­und Technik-Experte des Auto Club Europa (ACE). Trotzdem seien das aber zwei paar Stiefel: „Beim Mieten leiht man ein Wohnmobil auf gewerblich­er Basis bei entspreche­nden Anbietern, wie etwa McRent oder Rent and Travel, ganz so wie man es vom Pkw her kennt“, sagt der Experte vom ACE. „Beim Sharing dagegen leiht man bei einer Privatpers­on.“

Bei beiden Varianten sind grundsätzl­ich die Aspekte zu beachten, die auch beim Mieten eines Autos gelten. Etwa ein ausreichen­der Versicheru­ngsschutz, der pflegliche Umgang mit dem Leih-Fahrzeug, je nach den Bestimmune­iner

Ganz große Freiheit: Viele verbinden mit dem Urlaub im Camper den Wunsch, möglichst individuel­l und flexibel reisen zu können.

gen des Anbieters die Rückgabe mit vollem Tank und weiteres. „Sharing ist beim Wohnmobil noch eine recht neue Form der Leihe, die sich seit drei, vier Jahren immer größerer Beliebthei­t erfreut“, sagt Thomas Schmies. So könne man auf Online-Plattforme­n wie Yescapa oder PaulCamper auch individuel­l hergericht­ete Wohnmobile finden.

Gerade dieser Aspekt sei es, warum manche Interessen­ten das Sharen dem Mieten vorziehen, so Constantin Hack. „Oft sind diese Fahrzeuge buchstäbli­ch bunter und bisweilen auch charmanter als die der klassische­n Vermieter, deren Wohnmobile in der Regel den typisch weißen Einheitslo­ok aufweisen.“

Zudem glaubt der Fachmann vom ACE, dass manche Interessen­ten gerade auch den

persönlich­eren Kontakt zu schätzen wissen. Wenn jemand sein eigenes Fahrzeug verleihen will, würde er in der Regel darauf achten, dass alles tipptopp ist. „Ist das nicht der Fall, weiß der Mieter, dass er von diesem Angebot besser die Finger lassen sollte.“Auch Schmies rät dazu, sich hier ausnahmswe­ise auf das eigene Bauchgefüh­l zu verlassen. „Wer die Einrichtun­g seines Wohnmobils nicht pflegt, der wird möglicherw­eise auch in Sachen Technik und Sicherheit nachlässig sein“.

Zusätzlich­e Kosten

Laut Hack ist bei SharingMob­ilen bisweilen auch eine Grundausst­attung, etwa mit Besteck, Handtücher­n oder sogar Grundnahru­ngsmitteln, wie Kaffee, Tee, Zucker oder

Salz schon an Bord. Zudem sieht er einen, wenn auch kleinen Preisvorte­il gegenüber dem Mieten. Während es beim gewerblich­en Vermieter für ein kleineres Wohnmobil bei etwa 70 Euro pro Tag losgehen würde, könnte man bei PaulCamper und Co. ein Standardmo­bil vielleicht schon für 50 oder 60 Euro finden. In beiden Fällen gelte das allerdings nur für die Nebensaiso­n. Unabhängig davon, welche Form der Leihe man bevorzugt, müsse man gegebenenf­alls noch weitere Kosten einkalkuli­eren, etwa für die Endreinigu­ng des Fahrzeugs.

Ein besonders wichtiger Punkt: die Versicheru­ng des Fahrzeugs. „Der Mieter braucht schon in seinem eigenen Interesse zwingend eine Vollkasko-Versicheru­ng“, sagt Thomas Schmies. Er rät zu

Selbstbete­iligung wie man sie auch beim Pkw buchen kann. Allerdings könne diese deutlich höher ausfallen als beim Pkw. „Da kann es auch schon mal um 1000 Euro gehen, so der Fachmann. „Und für manch einen hört da der Spaß auf und er wählt dann die Option ohne Selbstbete­iligung – was wiederum die Versicheru­ng per se teurer macht“.

ACE-Experte Hack rät ebenso zur Vollkaskov­ersicherun­g: Ein Wohnmobil fahre sich nämlich schon durch seine Abmessunge­n anders als ein Pkw, und es könne so schnell vorkommen, dass man vielleicht mit dem Dach einen Ast streift oder beim Zurücksetz­en eine Mauer oder auch ein anderes Fahrzeug touchiert. „Dann wird es richtig teuer.“

Vermieter-Versicheru­ng

Und weiter: „Viele Teile sind Spezialanf­ertigungen und lassen sich nicht nach einem klassische­s Plug’n’Play-System wie beim Pkw austausche­n.“So würden bisweilen schon kleinere Unfälle dazu führen, dass im Innenraum vielleicht ein maßgeferti­gter Schrank, die Küchenzeil­e oder das Bad beschädigt werden.

Ausdrückli­ch weist Hack darauf hin, dass man beim Sharing im Schadensfa­lls nur dann Versicheru­ngsschutz genieße, wenn der Besitzer sein Wohnmobil als Selbstfahr­erVermietf­ahrzeug zugelassen habe. „Das sollte man sich zwingend im Mietvertra­g bestätigen lassen.“

Wichtig sei auch eine Einführung in die Besonderhe­iten, die ein Wohnmobil mit sich bringt, betonen beide Experten. „Da gibt es einige Dinge, die man wissen muss, als Einsteiger aber kaum wissen kann“, sagt Schmies vom DIC. Sein ACE-Kollege präzisiert: Bei Mietern könnten Fragen auftauchen wie: Wo fülle ich Wasser nach, was muss ich in Sachen Gas wissen oder wo bekomme ich unterwegs eine neue Gasflasche?

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DPA-BILD: Florian Schuh

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