Aus Rivalen werden Partner
EWE und Aloys Wobben Stiftung wollen mit Gemeinschaftsfirma Alterric Markt aufmischen
Wer hätte gedacht, dass der Oldenburger Energiekonzern EWE und der Auricher Windradhersteller Enercon, beziehungsweise deren Alleingesellschafterin, die Aloys Wobben Stiftung, mal Partner werden? Doch besondere Zeiten erfordern besondere Allianzen. Von daher werden aus Rivalen nun Partner.
Das Ziel: EWE und Enercon bringen ihre bestehenden Windparks an Land sowie geplante Projekte in ein Gemeinschaftsunternehmen ein. Das Joint Venture soll sich um den Betrieb und die Entwicklung der Windparks sowie die Energievermarktung kümmern. Was es damit auf sich hat, erklärt Wirtschaftsredakteur Jörg Schürmeyer auf
Oldenburg/Aurich – Deutschlands größter Betreiber von Windkraftanlagen an Land kann die Arbeit aufnehmen: Nach rund einjähriger Vorbereitungszeit und der Zustimmung der Kartellbehörden haben der Oldenburger Energiedienstleister EWE und die Aloys Wobben Stiftung (AWS), Alleingesellschafterin des Auricher Windanlagenherstellers Enercon, ihr Gemeinschaftsunternehmen jetzt auf den Weg gebracht, wie beide Seiten am Montag mitteilten.
■ Größenordnung
In der neuen Gesellschaft namens Alterric sind die Windparks von EWE und Enercon gebündelt. Dabei handle es sich um mehr als 1000 Anlagen (Gesamtleistung: 2300 Megawatt). Weitere Anlagen mit einer Leistung von 9400 MW seien in Vorbereitung – in Deutschland und anderen Ländern in Europa. Zur Einordnung: Ein Windrad mit einer Leistung von drei MW erzeugt jährlich so viel Strom, um umgerechnet 2000 Haushalte versorgen zu können. Alterric soll sich um Betrieb und Entwicklung der Parks sowie die Energievermarktung kümmern. Vier Milliarden Euro sollen bis 2030 investiert werden. Damit steigt Alterric laut EWE-Vorstandschef Stefan Dohler zum Marktführer bei Windkraft an Land in Deutschland und zu „einem der großen europäischen Player“auf. Man wolle „den Markt aufmischen“, sagte EWE-Kommunikationschef Christian Blömer.
■ Mitarbeiter
Alterric startet mit rund 200 Mitarbeitern und soll in den kommenden drei Jahren auf etwa 300 aufgestockt werden, sagte der AWS-Vorsitzende Heiko Janssen. Zwar wird die neue Gesellschaft ihren Sitz in Aurich haben, ein Großteil der bisherigen Enercon- und EWEMitarbeiter, die zu Alterric wechseln, werde aber weiter am bisherigen Einsatzort tätig sein können.
Laut Dohler ist eine Tarifbindung der Gesellschaft „auf einem guten Weg“. Immo Schlepper, Landesfachbereichsleiter der Gewerkschaft Verdi, rechnet damit, dass die Tarifverhandlungen im April abgeschlossen werden können. Er begrüßte die Gründung des neuen Unternehmens als „einen guten Tag und einen großen Schritt für die Energiewende“.
■ Strukturen
Die neue Gesellschaft, an der EWE und AWS je 50 Prozent halten, soll laut Janssen eigenständig am Markt agieren und ist nicht in die Organisationsstrukturen der Muttergesellschaften eingebunden. Bei der Umsetzung der Projekte verfolge Alterric einen herstellerunabhängigen Ansatz. Die unternehmerische Führung liegt bei EWE, den Vorsitz des Aufsichtsrates übernimmt die AWS in Person von Janssen. Bis ein Geschäftsführer gefunden ist, führen übergangsweise Dr. Urban Keussen (EWE) und Jan-Knut Brune (AWS/Enercon) die Geschäfte.
■ Politischer Appell
Laut Dohler ist die Gründung von Alterric auch „ein Signal des erneuten Aufbruchs“und die Einladung an Politik und Gesellschaft, den zuletzt gerade in Deutschland schwächelnden Windenergieausbau an Land „in einem breiten Konsens aktiv zu stützen“. Er appellierte an die Politik, die Weichen etwa mit Blick auf die Genehmigungsverfahren und Abstandsregelungen so zu stellen, dass die selbst gesteckten Klimaziele auch erreicht werden können. „Wir brauchen nicht nur Klimaziele, sondern auch Maßnahmen, die das möglich machen“, sagte er.