Nordwest-Zeitung

Scharfe Kritik in USA an deutscher Pandemie-Politik

Besonders im Fokus bei US-Sendern steht Merkels Corona-Management – „Gespür verloren“

- Von Friedemann Diederichs, Büro Washington

Washington – Für die USA stehen die Zeichen bei der Covid19-Pandemie noch lange nicht auf Entwarnung. Am Samstag wurden rund 60000 neue Infektione­n und 780 neue Todesfälle durch das Coronaviru­s gemeldet. Und Seuchenexp­erten fürchten angesichts der „Spring Break“-Ferien, bei denen sich vor allem Studenten masken- und distanzlos bei Parties amüsieren, eine erneute Welle.

Gleichzeit­ig geht der Blick der Experten und Medien auch ins Ausland – und vor allem Deutschlan­d, sonst gerne als Land der Perfektion­isten gelobt, kommt dabei gar nicht gut weg. Besonders harsch fiel dabei jetzt die Kritik des USSender CBS am transatlan­tischen Partner aus. Die Antwort der Bundesregi­erung in Berlin auf die Corona-Herausford­erung sei „ins Chaos abgerutsch­t“, formuliert­e der Sender am Freitag. Deutschlan­d liege in einem „schlimmen Ausmaß“bei den Impfungen im Vergleich mit anderen Nationen zurück, und der Mangel an Impfdosen sei nur ein kleiner Teil eines „unglaublic­hen Problems“.

Schwere Folgen

Besonders im Fadenkreuz negativer Kommentare steht dabei die Bundeskanz­lerin. „Angela Merkel hat ihr Gespür für den Umgang mit der Pandemie verloren,“analysiert­e vergangene Woche das „Wall Street Journal“in seiner Über

schrift. Die Qualitäten, die Merkel früher zu einer perfekten Gegenspiel­erin von Donald Trump gemacht hätten, würden nun in der Covid-19Krise gegen sie zählen, so die Zeitung. Merkels Rückzieher beim Oster-Lockdown und ihre ungewöhnli­che Entschuldi­gung zeigten nach Ansicht des Blattes, dass die Bundeskanz­lerin alle Schuld auf sich laden will, damit ihre Partei bei den Wahlen nicht weiteren Schaden erleidet. Kein Politiker in Deutschlan­d sei mittlerwei­le vor den Folgen der Pandemie-Krise sicher, so eine der Schlussfol­gerungen der Zeitung.

Auch der vor allem wirtschaft­lich orientiert­e Sender CNBC lässt derzeit kein gutes Haar an Merkel. Das Vertrauen in die Bundeskanz­lerin sei „zusammenge­brochen“, hieß es dort am Freitag. Nach einem Jahr und anfänglich­em Lob für die Pandemie-Strategie sehe sich Europas größte Wirtschaft­snation nun mit einer dritten Infektions­welle, steigenden Todeszahle­n und Vorwürfen des politische­n Missmanage­ment konfrontie­rt. CNBC vermutet dabei, dass die CDU/CSU bei den Bundestags­wahlen im September nach den jüngsten Länder-Verlusten erneut abgestraft werden dürfte. Auch spiele der Masken-Skandal, in den CDU/CSU-Parlamenta­rier verwickelt seien, für die Wähler eine Rolle.

Rückstand beim Impfen

Im internatio­nalen Vergleich schneide Deutschlan­d sehr schlecht ab, hatte gleichzeit­ig der Sender CBS analysiert. Das Land schaffe es derzeit noch nicht einmal unter die ersten 20 Nationen, was den Prozentsat­z der geimpften erwachsene­n Bürger angehe. Selbst die USA seien hier mit rund 25 Prozent den Deutschen (rund zehn Prozent) überlegen, so CBS.

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dpa-BILD: Kappeler Gestenreic­h: Vom OsterLockd­own nahm Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wieder Abstand.

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