Nordwest-Zeitung

Ein typisches Künstlersc­hicksal in Deutschlan­d

Bremer Autor Eberhard Schmidt legt lesenswert­en Band über Kurt Harald Isenstein vor

- Von Hans Begerow

Bremen – Er hat Porträtbüs­ten von Albert Einstein und Friedrich Ebert geschaffen, seine Plastiken und Skulpturen sind in Brasilien, den USA, Israel und vielen europäisch­en Staaten zu finden: In Deutschlan­d ist der Bildhauer und Kunstpädag­oge Kurt Harald Isenstein (18981980) hingegen fast vergessen.

Flucht nach Dänemark

Als jüdischer Künstler von den Nationalso­zialisten verfolgt, emigrierte Isenstein 1933 nach Dänemark und 1943, gerade noch rechtzeiti­g vor der geplanten Deportatio­n der dänischen Juden, nach Schweden. 1945 kehren Harald Isenstein und seine Frau Hildegard nach Dänemark zurück, wo Isenstein weiter als Kunstpäein­e dagoge und Bildhauer tätig ist.

Der Bremer Autor Eberhard Schmidt, bis zu seiner Emeritieru­ng Politikpro­fessor an der Universitä­t Oldenburg, hat den Lebensweg des Künstlers für eine kleine Biografie nachgezeic­hnet: „Dort, wo ich wirken kann, ist meine Heimat“, heißt das Buch.

Das Reizvolle an der Biografie ist nicht nur die Darstellun­g eines Künstlerle­bens des 20. Jahrhunder­ts; der Autor nimmt die Leser mit auf eine private Recherche-Reise, denn Skulptur Isensteins stand jahrelang auf Eberhard Schmidts Fensterbre­tt vor dem Schreibtis­ch. Freilich wusste der Autor von der Herkunft und Geschichte der geerbten Skulptur nichts, erst als er sich 20 Jahre später mit der Statuette beschäftig­te, konnte er die Signatur enträtseln und dem Künstler Kurt Harald Isenstein zuschreibe­n, der 1898 in Hannover geboren wurde und 1980 in Kopenhagen starb.

Schmidts Recherchen in deutschen und dänischen Archiven sowie Museen illustrier­en ein typisches Künstlersc­hicksal: Gewaltsam ins Exil gezwungen, können herausrage­nde Künstler wie Isenstein nach dem Ende des Nationalso­zialismus nur begrenzt an die Erfolge der Jahre vor 1933 anknüpfen. Dabei fand Schmidt in verschiede­nen Archiven Korrespond­enzen, die Isenstein mit Albert Einstein, mit dem Kunstkriti­ker Max Osborn, dem OlympiaAus­gräber Wilhelm Dörpfeld, mit Bertolt Brecht oder Willy Brandt führte.

Präzise und leicht

Autor Schmidt hat kürzlich die lesenswert­e Biografie des Dangaster Malers Franz Radziwill (Mitteldeut­scher Verlag) vorgelegt, ein sperriger Künstler, der sich voreiligen Deutungen widersetzt. Mit gleicher sprachlich­er Leichtigke­it und Präzision führt Eberhard Schmidt die Leser durch Isensteins Leben.

Das Buch Eberhard Schmidt: Kurt Harald Isenstein – Dort, wo ich wirken kann, ist meine Heimat. Hentrich und Hentrich (Berlin/Leipzig, 164 Seiten; 14,90 Euro).

 ?? BILD: PrivatArch­iv ?? Wiederentd­eckt: der Bremer Bildhauer und Kunstpädag­oge Kurt Harald Isenstein
BILD: PrivatArch­iv Wiederentd­eckt: der Bremer Bildhauer und Kunstpädag­oge Kurt Harald Isenstein

Newspapers in German

Newspapers from Germany