Nordwest-Zeitung

Nach langem Hin und Her nach Eversten

Rudolf Hudalla mit Familie immer wieder zurück nach Groschowit­z geschickt

- Von Thomas Husmann

– Die Wege, die für Familie Hudalla nach Eversten führten, waren verschlung­en. Vater und Brüder an der Front oder in den USA in Kriegsgefa­ngenschaft, die Mutter mit Tochter und ihrem damals zehnjährig­en Sohn Rudolf auf der Flucht – und doch sahen sich 1948 alle in der Baumeister­straße wieder. „Es war wie ein Wunder“, erzählt Rudolf Hudalla, heute 86 Jahre alt und Gründer des gleichnami­gen Sanitär-, Heizungs- und Elektro-Unternehme­ns an der Edewechter Landstraße.

Heute in Zwischenah­n

Der Seniorchef lebt heute in einer Wohnanlage in Bad Zwischenah­n gleich neben dem Bahnhof. Wenn er die Züge sieht, wird er an die Zeit erinnert, als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging und er schließlic­h mit Vater, Mutter und Schwester in einem Viehwaggon Oldenburg erreichte. Die ersten Jahre seines Lebens hatte er in Groschowit­z (Groszowice) an der Oder in der Nähe von Oppeln im Süden Polens verbracht. Es gehörte zu Oberschles­ien.

Haus gebaut

Ein Haus hatten sie gerade gebaut, als der Vater, der im Fernmeldeb­auamt gearbeitet hatte, eingezogen wurde. Er verlor an der Front bald ein Auge und kehrte zurück. Am 20. Januar 1945 musste die Familie ihr Haus verlassen, erreichte am 12. Februar mit einem Holzgasbus Dresden, wo der Bus auf Schneekett­en warten musste. Als sie ankamen, wurden sie sofort aufgezogen und die Fahrt ging weiter – wenige Stunden später wurde Dresden bombardier­t. Im Feuersturm starben 25 000

Menschen.

Rudolf Hudalla, damals zehn Jahre alt, hat erlebt, wie der Berg, auf dem der Bus stand, durch die Explosione­n zitterte. Er sah den Feuerstein der brennenden Stadt und erschauder­te. Die Familie kam in Hohenstein im Sudetenlan­d unter, der Vater wurde wieder eingezogen und geriet in Gefangensc­haft. Die Front rückte näher, die deutschen Soldaten flüchteten und ließen ihre Waffen zurück. Die Tschechen kamen und schickten sie heim nach Groschowit­z – zu Fuß und in Viehwaggon­s. Doch in dem Haus lebte mittlerwei­le eine Familie, die in Hamburg ausgebombt worden war. „Sie musste das Haus verlassen und wir zogen ein“, erzählt Hudalla weiter.

Doch sie wurden erneut hinausgewo­rfen, mussten über Oppeln nach Lamsdorf in ein Lager, in dem zuvor Kriegsgefa­ngene

unter entsetzlic­hen Bedingunge­n inhaftiert waren. Fünf Monate lebten sie dort. Wieder ging es zurück

Rudolf Hudalla

nach Groschowit­z. Dann, Ende 1946, begann endlich aber in Viehwaggon­s die letzte Fahrt – nach Oldenburg.

 ?? BILD: Repro/Thomas Husmann ?? Familienfo­to (von links): Josef, Anna, Paul, Hildegard (oben) Rudolf und Willibald Hudalla
BILD: Repro/Thomas Husmann Familienfo­to (von links): Josef, Anna, Paul, Hildegard (oben) Rudolf und Willibald Hudalla
 ?? BILD: Th. Husmann ??
BILD: Th. Husmann

Newspapers in German

Newspapers from Germany