Statt Malle-Hits nur endlose Stille
Wie die Familie Mennenga aus Tange um ihre Existenz bangt – Seit März 2020 geschlossen
Tange – „Ein Jahr ist es jetzt her, ein ganzes Jahr, seit wir schon geschlossen haben“, sagt Boris Mennenga, Besitzer der Disco in Tange (Ammerland). „Aber das heißt ja nicht, dass es nichts zu tun gibt. Bei einem solch’ großen Gebäudekomplex muss immer etwas gewartet, kontrolliert, repariert und gesäubert werden. Und Zeit für Verschönerungsarbeiten haben wir jetzt jede Menge. Unsere große Halle bekommt ein anderes Gesicht, damit sie weniger nach Industriehalle aussieht. Wir haben die Wände mit diversen Schildern verziert und die weiße Decke wird blau gestrichen – blau wie der Himmel.“
■ Ersparnisse investiert
Boris Mennengas Tage und die seines Vaters Hermann sind somit auch in Corona-Zeiten mit Arbeit gefüllt: mit Arbeit für eine ungewisse Zukunft. „Das hier ist unsere Existenz, das Lebenswerk meiner Eltern, das Resultat jahrzehntelanger Arbeit“, sagt Boris Mennenga, selbst Vater von vier Kindern. „Wenn meine Eltern ihre Ersparnisse nicht in unser Unternehmen gesteckt hätten, gäbe es die Disco nicht mehr.“Schließlich hat das Unternehmen seit dem 12. März 2020 keine Einnahmen mehr.
■ Geld für zwei Monate
„Wir haben 2020 zwei Monate finanzielle Unterstützung bekommen. Das ist gut und nicht selbstverständlich“, so der 37-Jährige. „Aber letztendlich ist es nicht mehr, als ob man einem Ertrinkenden im Atlantik einen Rettungsring zuwirft. Das hält ihn kurz über Wasser, aber rettet ihn nicht. Ohne familiäre Unterstützung würde nichts mehr gehen.“
Kosten reduzieren, so hieß schon im März 2020 das Gebot der Stunde. Verträge mussten ausgesetzt oder gar gekündigt, Warenbestände reduziert werden, die Mitarbeiter – sieben Festangestellte gibt es neben zahlreichen Aushilfen – wurden in Kurzarbeit geschickt.
■ In Kurzarbeit
„Wir haben tolle Mitarbeiter. Aber ich kann es ihnen ja nicht verdenken, wenn sich der eine oder andere nach einem Jahr Kurzarbeit – sie ha
ben schließlich auch Familie – nach beruflichen Alternativen umsieht“, sorgt sich Boris Mennenga. „Das hieße bei einem Neuanfang, dass neues Personal eingearbeitet werden muss.“Das gelte auch für die Aushilfen – vielfach Schüler, die die neuen Hilfen anlernten, bevor sie zum Studium wegzögen oder eine Ausbildung machten. „Uns fehlen zwei Jahrgänge.“
■ Hoffen und Bangen
Die Zeit seit März 2020 sei eine zwischen Hoffen und Bangen. Das zehre an den Nerven. „Wir werden ständig gefragt, ob und wann wir wieder öffnen können. Aber das wird wohl erst gehen, wenn alle geimpft sind oder negative Corona-Testergebnisse mitbringen“, so Boris Mennenga.
Pläne hatten die Mennengas schon. 2020 wollte man statt des abgesagten Frühtanzes, zu dem sonst rund 25 000 Gäste kommen, einen XXLBiergarten für 500 Besucher öffnen. Trotz Genehmigungen sagte man ab, weil es dem begeisterten Tanger Partyvolk nicht zu vermitteln war, dass nur 500 Gäste rein durften.
Auf Eis gelegt sind die Erweiterungspläne. Großgaragen des Taxi- und Busunterstands sollten zur Eventhalle umgebaut werden. „Das liegt in weiter Ferne. Jetzt heißt es überleben.“