Nordwest-Zeitung

Mehr als nur Müllers Platzhalte­r

Kai Havertz drängt in erste Elf – Aber TV-Experte Hoeneß wirbt für Bayern-Star

- Von Klaus Bergmann

Düsseldorf – Nach der Rückkehr aus Bukarest gönnte Joachim Löw seinen erschöpfte­n Siegern am sonnigen Rhein einen Regenerati­onstag. Der Bundestrai­ner sieht sich nach dem erfolgreic­hen Nachlegen beim 1:0 (1:0) im Spiel gegen den stärksten WM-Qualifikat­ionsgegner Rumänien wieder auf einem verheißung­svollen Kurs Richtung Sommer-EM. Einen weiteren Schub für sein letztes Turnier hat Löw an diesem Mittwoch (20.45 Uhr/RTL) gegen EM-Teilnehmer Nordmazedo­nien in Duisburg eingeplant. „Wir müssen nochmal volle Kraft voraus auch das Spiel gewinnen. Dann haben wir sicherlich in diesem Jahr einen ordentlich­en Start – und in der WM-Quali mit neun Punkten die richtige Richtung eingeschla­gen“, sagte Löw.

■ Viel Lob, eine Kritik

Zweieinhal­b Monate vor dem EM-Ernstfall am 15. Juni in München gegen Weltmeiste­r Frankreich kristallis­iert sich ein funktionst­üchtiges EMSystem (4-3-3) und ein klares personelle­s Gerüst heraus. „Die Mannschaft ist ehrgeizig, die Mannschaft ist willig, die Mannschaft strahlt einen guten Spirit aus, auch intern. Der Hunger ist groß. Man muss sagen, dass viel Dynamik und Energie zu spüren ist“, referierte Löw. Der große Kritikpunk­t war die nicht EM-reife Chancenver­wertung. Diese sprach nicht nur der Bundestrai­ner an, sondern auch alle Spieler von Kapitän Manuel Neuer („fehlende Coolness und Cleverness“) über Joshua Kimmich („Luft nach oben“) bis hin zu Serge Gnabry („Wir müssen das Ding einfach machen“), der als einziger traf.

■ Mehrere Fingerzeig­e

Löw hat einige EM-Fingerzeig­e gewonnen – und dazu auch selbst beigetrage­n, indem er nach viereinhal­b Jahren erstmals wieder in zwei Länderspie­len nacheinand­er die identische Startelf aufbot. Die Abwehr spielte zweimal zu Null. Das zentrale Mittelfeld – jetzt fix mit drei Akteuren besetzt – ist das Herzstück. Und das Trio Gnabry, Kai Havertz und Leroy Sané kann Schwung entfachen und könnte sich zum EM-Angriff entwickeln. „Alle drei Spieler können verschiede­ne Ebenen herstellen. Das müssen wir auch noch mehr optimieren“, sagte Löw. Für Timo Werner ist da aktuell kein (Stamm-)Platz.

■ Havertz oder Müller?

Eine Schlüsself­rage lautet: Kann Havertz (20), der nach dem Wechsel von Leverkusen zum FC Chelsea in der Premier League „eine schwere erste Saison“durchläuft, wie er selbst einräumte, mehr sein als ein Platzhalte­r für das Rückkehrer-Phantom Thomas Müller? Havertz nimmt rechts vorne mit dem gewünschte­n Drang ins Zentrum exakt die Position ein, die Löw dem 31jährigen Müller übertragen könnte, wenn er den Weltmeiste­r von 2014 tatsächlic­h im Mai zurückhole­n sollte. Erstaunlic­h war, wie Uli Hoeneß bei RTL im Gespräch mit dem Bundestrai­ner für seinen Star vom FC Bayern warb: „Thomas ist heiß auf die Nationalma­nnschaft. Er wird kein Stinkstief­el sein, wenn er mal auf der Bank sitzt.“Müller als EM-Joker? Ein Turnier werde nicht mit elf Spielern gewonnen, sagte Löw und erinnerte an den WMTriumph 2014 in Brasilien: „Mario Götze, André Schürrle, die Leute, die von der Bank kamen, haben den Erfolg ausgemacht.“Der eingewechs­elte Schürrle flankte im Finale auf den eingewechs­elten Götze: Tor – 1:0 für Deutschlan­d gegen Argentinie­n.

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BILD: Imago Bereitete in Bukarest den deutschen Treffer vor: Kai Havertz

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