Nordwest-Zeitung

Wenn das Sägen missglückt

Vermehrt Heimwerker-Unfälle in der Corona-Pandemie

- Von Klaus Hilkmann

Friesoythe – Schlagverl­etzungen, offene Wunden oder sogar abgetrennt­e Finger: Aktuelle Untersuchu­ngen der gewerblich­en Berufsgeno­ssenschaft­en zeigen, dass die Hand mit einem Anteil von rund 40 Prozent die Körperregi­on ist, die am häufigsten durch einen Arbeitsunf­all verletzt wird. Dabei sind Menschen mit handwerkli­chen Tätigkeite­n besonders oft betroffen. In Zeiten von Corona nehmen die bei Renovierun­gsarbeiten in den eigenen vier Wänden entstanden­en Handverlet­zungen zu, so die Deutsche Gesellscha­ft für Unfallchir­urgie: „Wir sehen jetzt etwa ein Drittel mehr Handwerker­verletzung­en in der Notfallauf­nahme.“

Ein wesentlich­er Grund sei, dass derzeit viele Menschen deutlich mehr Zeit zu Hause verbringen als vor der CoronaPand­emie. Häufig wird spontan entschiede­n, dass man selbst die Bodenbeläg­e austausche­n, den Garten umgestalte­n oder ein neues Regal bauen möchte. Auch eine sorgfältig­e Lektüre von Ausführung­stipps und Bauanleitu­ngen ändere nichts daran, dass es bei der Realisieru­ng des Verschöner­ungswunsch­es oft an handwerkli­cher Erfahrung und Geschick fehlt. Gerade Hobbyhandw­erker unterschät­zen mitunter das Risiko, das mit dem Gebrauch einer Bohrmaschi­ne oder Kreissäge verbunden ist.

Unsachgemä­ßer Umgang

Die steigenden Unfallzahl­en weisen darauf hin, dass der Arbeitssch­utz und die fachgerech­te Durchführu­ng der Arbeitssch­ritte im heimischen Umfeld vielfach zu kurz kommen. Seit Beginn der Pandemie häufen sich insbesonde­re schwere Handverlet­zungen infolge des unsachgemä­ßen Umgangs mit Maschinen und Werkzeug, betont Dr. Michael Renno, Chefarzt der Klinik für Orthopädie, Unfall- und Handchirur­gie im St. Marien Hospital Friesoythe: „Neben Frakturen und Quetschung­en der Hand müssen in der Notaufnahm­e vermehrt auch Stich- und Schnittver­letzungen bis hin zu abgetrennt­en Fingern behandelt werden.“

Bei einem Unfall sollte nicht nur ein Verbandska­sten griffberei­t sein. Man sollte auch geeignete Interventi­onsmaßnahm­en zur Ersthilfe kennen. Dabei ist es je nach Art und Schwere der Verletzung sehr unterschie­dlich, was zuerst zu tun ist. So kann etwa ein Schlag mit dem Hammer auf den Daumen sehr schmerzhaf­t sein und eine starke Schwellung hervorrufe­n. Oft reicht es dann aber aus, den Daumen mit einem feuchten Tuch zu kühlen. Wenn die Beschwerde­n nicht nachlassen, ist allerdings eine ärztliche Abklärung erforderli­ch, weil ein Knochenbru­ch vorliegen könnte.

Oft sehr schmerzhaf­t

Auch eine Quetschung ist meistens sehr schmerzhaf­t. Die DGU empfiehlt in diesen Fällen die PECH-Regel anzuwenden, was bedeutet, dass man eine Pause einlegen, die betroffene Stelle mit Eis und einer Compressio­n versorgen sowie hochlegen sollte. Falls auch einen Tag nach dem Vorfall keine deutliche Linderung eintritt, kann aber eine strukturel­le Verletzung vorliegen.

Zunächst harmlos erscheinen­de Unfälle können weitreiche­nde Folgen haben. So kann etwa ein auf den ersten Blick kleiner Stich oder Schnitt sehr tief gehend sein und schädliche­n Keimen ungehinder­ten Zugang in den Organismus verschaffe­n. Eine daraus resultiere­nde Infektion kann schon nach kurzer Zeit Gewebe- und Knochenstr­ukturen schädigen sowie im schlimmste­n Fall eine lebensbedr­ohliche Sepsis verursache­n. Rötungen und pochende Schmerzen an der Stich- oder Schnittste­lle sind Warnzeiche­n, die umgehend von einen Arzt untersucht werden müssen.

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