Nordwest-Zeitung

Reha-Alltag zwischen Hoffnung und Verzweiflu­ng

Arte zeigt am Mittwoch ab 20.15 Uhr „Lieber Leben“

- Von Sabine Glaubitz

Berlin – Ben ist jung, sportlich und voller Träume. Doch ein Unfall macht einen Strich durch seine Zukunftspl­äne: Er ist fortan vom Hals abwärts gelähmt. In einer Reha-Klinik muss er vieles wieder neu lernen, denn zu allem braucht er Hilfe, gleich ob es dabei ums Essen, ums Pinkeln oder ums Telefonier­en geht.

Das Drama „Lieber Leben“, am Mittwoch um 20.15 Uhr bei Arte, erzählt den Alltag junger Menschen in der Rehabilita­tion. Trotz des schweren Themas handelt es sich um eine Komödie voller Authentizi­tät und schwarzem Humor, denn der Film wurde von Fabien Marsaud mitgedreht, Frankreich­s Poetry-Slam-Star, der selbst einmal nach einem Unfall gelähmt war.

Humor bricht mit Tabus

Er habe mit dem Film keine Art Therapie machen wollen, hat Marsaud einmal in einem Interview der Zeitung „L’Alsace“gesagt. Man wisse kaum etwas über diese körperbehi­nderten Menschen, erklärte er weiter. Deshalb wollte er diese Welt zeigen. Eine Welt, die Angst mache, wie er meinte. Aber auch eine Welt, in der man nicht nur weine.

Und so hat der Slammer den Film mit einer Dosis Galgenhumo­r aufgemisch­t, der so manche Tabus bricht. So lassen Sätze wie „Dein Körper ist kaputt, kümmere dich wenigstens um deine Frisur“den Zuschauer streckenwe­ise die schwierige Lage der jungen Menschen vergessen.

Das Leben in einer Reha bestehe auch aus Momenten, in denen man sich necke und sich amüsiere, erzählte Marsaud der Zeitung. Dabei beschönigt der Film nichts. Die Schmerzen, wenn Ben aus dem Bett gehoben wird, die Unfähigkei­t, den Telefonhör­er, in der Hand zu halten oder allein zu essen.

Ben lernt in der Klinik auch neue Freunde kennen wie Farid, der sich mit seiner Behinderun­g abgefunden hat, oder die hübsche Samia, in die sich Ben auf Anhieb verliebt. Der Film schwankt so stets zwischen Hoffnung und Verzweiflu­ng, Lachen und Weinen.

Einfühlsam­es Debüt

„Lieber Leben“basiert auf dem stark autobiogra­fischen Roman von Marsaud, der sich nach seinem Unfall 1997 den Künstlerna­men „Grand Corps Malade“(zu Deutsch großer kranker Körper) gegeben hat.

Marsaud hat die schwarzhum­origer Komödie mit dem ehemaligen Hip-Hop-Tänzer und Musikvideo­regisseur Mehdi Idir gedreht. Beide haben die Geschichte in ein einfühlsam­es und emotionale­s Filmdebüt verwandelt, zu dem auch die schauspiel­erische Leistung von Pablo Pauly als Ben beiträgt.

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BILD: Jessica Forde/ARTE /dpa Farid (Soufiane Guerrab, links) sitzt seit seiner Kindheit im Rollstuhl und macht das Reha-Zentrum mit Ben (Pablo Pauly) unsicher.

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