Ein Kirchen-Reformer wird 60
Er kann Trecker fahren und spricht neben Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch auch Plattdeutsch. Auch dank seiner Bodenständigkeit ist Heiner Wilmer, der seit 2018 Bischof von Hildesheim ist, bei vielen beliebt. Am 9. April wird der Ordensmann, der von einem Bauernhof im Emsland stammt und viel in der Welt rumgekommen ist, 60 Jahre alt.
In seiner zweieinhalbjährigen Amtszeit als Bischof hat sich Wilmer bereits einen Namen als Vorkämpfer für Reformen in der katholischen Kirche gemacht. „Für mich persönlich wäre ein ,Nur weiter so’ Verrat am Evangelium“, ist er überzeugt und drängt auf ein größeres Mitspracherecht der Gläubigen, auf eine Auflösung des „Männerbündischen“und eine stärkere Rolle der Frau in der Kirche.
Auch beim Zölibat sieht Wilmer Reformbedarf, weil viele Priester vereinsamten. Im Kreis der deutschen Bischöfe stößt er mit diesen Überzeugungen auch auf Kritik. Sein Satz, dass der Missbrauch von Macht „in der DNA der Kirche“stecke, sorgte auch über die Kirche hinaus für Aufmerksamkeit.
Die schonungslose Aufklärung von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen hat sich Wilmer von seinem ersten Tag im Bischofsamt an auf die Fahne geschrieben. Zur Untersuchung der Missbrauchsvorwürfe gegen den einstigen Hildesheimer Bischof Heinrich Maria Janssen (1907-1988), setzte er 2019 eine unabhängige Expertenkommission ein – unter Leitung der ehemaligen niedersächsischen Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne).
Der Niedersachse verfügt über viel weltkirchliche Erfahrung: Als 19-Jähriger trat er in den Dehonianer-Orden ein – auch bekannt als Herz-JesuPriester – und studierte Theologie, Romanistik und Französische Philosophie in Freiburg, Paris und Rom. Als Lehrer unterrichtete er in der New Yorker Bronx und leitete später das ordenseigene Gymnasium in Handrup im Emsland. 2007 wurde er Provinzial der deutschen Ordensprovinz der Dehonianer, bevor er 2015 als Generaloberer mit weltweiter Verantwortung nach Rom wechselte. Aus dieser Zeit rührt der gute Draht zu Papst Franziskus. Wilmer gehörte in Rom einem informellen Kreis von Ordensoberen an, die sich für die Reformanliegen des ersten Jesuiten im Papstamt stark machten.