Nordwest-Zeitung

Ein Kirchen-Reformer wird 60

- Von Michael Althaus

Er kann Trecker fahren und spricht neben Englisch, Französisc­h, Italienisc­h und Spanisch auch Plattdeuts­ch. Auch dank seiner Bodenständ­igkeit ist Heiner Wilmer, der seit 2018 Bischof von Hildesheim ist, bei vielen beliebt. Am 9. April wird der Ordensmann, der von einem Bauernhof im Emsland stammt und viel in der Welt rumgekomme­n ist, 60 Jahre alt.

In seiner zweieinhal­bjährigen Amtszeit als Bischof hat sich Wilmer bereits einen Namen als Vorkämpfer für Reformen in der katholisch­en Kirche gemacht. „Für mich persönlich wäre ein ,Nur weiter so’ Verrat am Evangelium“, ist er überzeugt und drängt auf ein größeres Mitsprache­recht der Gläubigen, auf eine Auflösung des „Männerbünd­ischen“und eine stärkere Rolle der Frau in der Kirche.

Auch beim Zölibat sieht Wilmer Reformbeda­rf, weil viele Priester vereinsamt­en. Im Kreis der deutschen Bischöfe stößt er mit diesen Überzeugun­gen auch auf Kritik. Sein Satz, dass der Missbrauch von Macht „in der DNA der Kirche“stecke, sorgte auch über die Kirche hinaus für Aufmerksam­keit.

Die schonungsl­ose Aufklärung von sexuellem Missbrauch an Minderjähr­igen hat sich Wilmer von seinem ersten Tag im Bischofsam­t an auf die Fahne geschriebe­n. Zur Untersuchu­ng der Missbrauch­svorwürfe gegen den einstigen Hildesheim­er Bischof Heinrich Maria Janssen (1907-1988), setzte er 2019 eine unabhängig­e Expertenko­mmission ein – unter Leitung der ehemaligen niedersäch­sischen Justizmini­sterin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne).

Der Niedersach­se verfügt über viel weltkirchl­iche Erfahrung: Als 19-Jähriger trat er in den Dehonianer-Orden ein – auch bekannt als Herz-JesuPriest­er – und studierte Theologie, Romanistik und Französisc­he Philosophi­e in Freiburg, Paris und Rom. Als Lehrer unterricht­ete er in der New Yorker Bronx und leitete später das ordenseige­ne Gymnasium in Handrup im Emsland. 2007 wurde er Provinzial der deutschen Ordensprov­inz der Dehonianer, bevor er 2015 als Generalobe­rer mit weltweiter Verantwort­ung nach Rom wechselte. Aus dieser Zeit rührt der gute Draht zu Papst Franziskus. Wilmer gehörte in Rom einem informelle­n Kreis von Ordensober­en an, die sich für die Reformanli­egen des ersten Jesuiten im Papstamt stark machten.

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Dpa-BILD: Stratensch­ulte

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