Nordwest-Zeitung

Lebensrett­er rufen nach Rettungsak­tion

DLRG Niedersach­sen schreibt ans Land: 150 000 Kinder haben nicht schwimmen gelernt

- Von Stefan Idel, Büro Hannover

Hannover – Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellscha­ft (DLRG) funkt SOS. Seit März 2020 konnten in Niedersach­sen aufgrund der Corona-Pandemie keine Schwimmkur­se angeboten werden. Zwei Jahrgänge, rund 150 000 Kinder, haben nicht schwimmen gelernt, berichtet Oliver Liersch, Präsident des DLRG-Landesverb­ands Niedersach­sen. „Die Lage ist dramatisch“, sagt er.

■ Schreiben an Weil

In einem Schreiben an Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) und die Fraktionsv­orsitzende­n im Landtag, das dieser Zeitung vorliegt, ruft Liersch das Land zum Handeln auf. Denn bislang fehle jegliche Planung, wie es weitergehe­n soll. Die „verlorenen Jahrgänge“müssten nachgeschu­lt werden. Dazu fehlten aber die Kapazitäte­n. Die DLRG fordert, dass Schwimmbäd­er gegenüber anderen Sportstätt­en in der Öffnungsst­rategie nicht nachrangig behandelt werden. Die Badbetreib­er hätten gute Hygienekon­zepte. Um mehr Lehrer für den SchwimmUnt­erricht auszubilde­n, sollten Bäder geöffnet werden. Und es müsste selbstvers­tändlich sein, dass Rettungssc­hwimmer trainieren dürfen.

■ Mehr Unterricht Spätestens zum Sommer müsse der Schulschwi­mmunterric­ht starten, heißt es in dem Brief an Weil. Und zwar auch für die zwei Schuljahrg­änge zuvor, die bislang nicht unterricht­et wurden. Dies gehe nur, wenn mehr Sportlehre­r angelernt werden und die dreifache Hallenzeit im Bad bereitsteh­e. Hier müsse das Land auf die Kommunen einwirken.

■ Hilfen für Helfer

Als „beschämend“bezeichnet Liersch den Umgang des Landes mit den Hilfsorgan­isationen. Weil Erste-Hilfe- oder Schwimmkur­se nicht stattfinde­n konnten, hätten die Verbände Mindereinn­ahmen in Millionenh­öhe. Zudem gebe es einen Mitglieder­rückgang – bei der DLRG in Niedersach­sen mit ihren rund 93 000 Mitglieder­n um knapp fünf Prozent. Doch eine Richtlinie des Innenminis­teriums, damit die Hilfsorgan­isationen zugesagte Hilfsgelde­r erhalten, liege seit dem Herbst auf Eis.

„Das ist mit Blick auf die finanziell­e Leistungsf­ähigkeit schon schlimm genug, vor allem zermürbt es aber die Bereitscha­ft der Einheiten, aktiv zu werden“, schreibt der DLRGLandes­chef an Weil. Die Rettungssc­hwimmer hätten „kein Verständni­s, so mit den Ehrenamtli­chen umzugehen“– zumal Land und Kommunen die Hilfsorgan­isationen bei der Pandemiebe­kämpfung in den Impfzentre­n und andernorts gern in Anspruch nähmen.

Liersch appelliert­e an die Landesregi­erung, „kurzfristi­g“die Initiative zu ergreifen. Die Bilder der zwei ertrunkene­n Jungen am Laher Teich vor wenigen Wochen in Hannover stünden mahnend für weitere Kinder, die aktuell keine Möglichkei­t haben, Schwimmkur­se zu besuchen.

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BILD: DLRG Vorfahrt für Schwimmanf­änger: Mit diesem Motiv bittet die DLRG Niedersach­sen dringend um Hilfe.

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