Nordwest-Zeitung

Bund und Länder ziehen die Notbremse

Infektions­schutzgese­tz wird nachgeschä­rft – In Hotspots soll es keine Lockerunge­n mehr geben

- Von Anne-Béatrice Clasmann Und Ulrich Steinkohl

Berlin – Überrasche­nde Wende bei der Corona-Strategie von Bund und Ländern: Die für Montag vereinbart­e nächste Runde von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpr­äsidenten fällt aus. Stattdesse­n soll im Eilverfahr­en das Infektions­schutzgese­tz nachgeschä­rft werden.

Ziel sei es, bundesweit einheitlic­he Regelungen für Regionen mit hohen Infektions­zahlen zu schaffen, teilte die stellvertr­etende Regierungs­sprecherin Ulrike Demmer am Freitag mit. Die Änderung solle schon in der kommenden Woche vom Kabinett beschlosse­n werden. Dessen Sitzung werde von Mittwoch auf Dienstag vorgezogen.

Einheitlic­he Regeln

Demmer sagte am Freitag: „Bund und Länder haben sich heute darauf verständig­t, in enger Absprache mit den Bundestags­fraktionen das Infektions­schutzgese­tz zu ergänzen, um nun bundeseinh­eitlich zu regeln, welche Beschränku­ngen zu ergreifen sind, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in einem Landkreis über 100 liegt.“Angestrebt werde ein „ganz normales Gesetzgebu­ngsverfahr­en“, sagte die Sprecherin. Der Entwurf werde vor der Verabschie­dung im Kabinett mit den Fraktionen im Bundestag und mit den Ländern besprochen.

Für den Fall, dass die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Region den Wert von 100 Corona-Neuinfekti­onen je 100 000

Einwohner übersteigt, hatten Bund und Länder bereits Anfang März klare Regeln vereinbart: Alle Lockerunge­n der Corona-Maßnahmen müssten demnach wieder vollständi­g zurückgeno­mmen werden. Allerdings hat sich in den vergangene­n Wochen vielfach gezeigt, dass diese sogenannte Notbremse nicht angewendet wird. Dies hatte auch Merkel kritisiert.

Nun sollen diese Regeln im Infektions­schutzgese­tz verbindlic­h festgeschr­ieben werden. Wie die Regelungen aussehen könnten, wollte Demmer allerdings noch nicht sagen. „Das wäre den Verhandlun­gen vorgegriff­en.“

In kürzester Zeit

Bundesinne­nminister Horst Seehofer begrüßte die

Einigung von Bund und Ländern. „Es ist zwingend notwendig, dass im 13. Monat der Pandemie das Parlament das Heft des Handelns in die Hand nimmt und damit auch Verantwort­ung übernimmt“, sagte der CSU-Politiker der „Süddeutsch­en Zeitung“. Je länger die Pandemie andauere, desto mehr stelle sich die Frage, ob so einschneid­ende Beschlüsse weiter auf der Basis von Verordnung­en

gefasst werden könnten.

Nach Darstellun­g von Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble lässt sich das Infektions­schutzgese­tz in kürzester Zeit ändern. „Es kann schnell gehen, wenn die Beteiligte­n alle wollen“, sagte der CDU-Politiker im ZDF-„Heute Journal“. Zur Not könne dies sogar in einer einzigen Sitzungswo­che passieren.

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Dpa-BILD: Soeder Notbremse in der Berliner S-Bahn: Auch für den Fall hoher Corona-Zahlen in einzelnen Regionen wurde eine „Notbremse“entwickelt, doch viel zu oft wurde sie in den Hotspots außer Acht gelassen.

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