Nordwest-Zeitung

Ein schwerer Fehler der Union

- Von Gernot Heller, Büro Berlin

Nun ist es raus. CDU-Chef Armin Laschet und sein CSUKollege Markus Söder konnten dem Druck aus den eigenen Reihen nicht mehr standhalte­n. Sie haben nun beide endlich offiziell ihre Bereitscha­ft erklärt, sich als Kanzlerkan­didaten der Union zu bewerben.

Eine souveräne Entscheidu­ng im Gefühl der eigenen Stärke war das aber nicht – ganz im Gegenteil. Vielmehr hat die Union sich viel zu lange im falschen Gefühl gesonnt, als seien ihre glänzenden Umfragewer­te über Monate das Indiz, dass ihr bei der Bundestags­wahl im Herbst fast automatisc­h der Erfolg zufallen müsste und sie sich daher Zeit lassen kann. Eine glatte Fehleinsch­ätzung.

Zudem haben CDU und CSU in den Umfragen die Schattense­ite dessen erlebt, was sie noch vor Kurzem als Bonus einstreich­en konnten: Nämlich als führende Kraft in der schwarz-roten Regierungs­koalition vorrangig für das verantwort­lich gemacht zu werden, was in der Corona-Politik geschieht. Solange die relativ gut lief, war das schön. Mit jedem Fehler, jedem Anflug von Chaos, sackte dann aber das Vertrauen in die Fähigkeite­n der Union zum Regieren – eines ihrer größten Guthaben – in sich zusammen. Dass zudem die CDU noch durch die Wirren eines langen Wettbewerb­s um das Amt des Parteichef­s gelähmt war und mit Armin Laschet einen Mann an die Spitze wählte, der bislang alles andere als eine glückliche Figur machte, kommt hinzu.

Am Ende war die Strategie, die Kandidaten­frage (im Gegensatz zur SPD) ewig lange offen zu lassen, ein schwerer Fehler. Und wenn man trotzdem so verfahren wollte, ohne Schaden zu nehmen, dann hätte man es wohl so machen müssen, wie die in solchen Dingen eigentlich unerfahren­en Grünen: Keine monatelang­en Spekulatio­nen und internen Debatten, einen klaren Termin und dann die Entscheidu­ng. Soweit ist die Union auch heute noch nicht. Wenn die Schwestern CDU und CSU also nicht noch tiefer in die Malaise abrutschen wollen, müssen sie Klarheit schaffen – in wenigen Tagen.

@ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany