Schützen statt gängeln
Während die Bundesregierung die wirksamsten Waffen gegen die Pandemiebekämpfung immer noch nicht schlagkräftig genug in Stellung gebracht hat, läuft sie bei der Einschränkung verbriefter Rechte zu Höchstform auf. Die von Angela Merkels Kabinett beschlossene Änderung des Infektionsschutzgesetzes hebelt die im Grundgesetz verankerte Souveränität der Länder aus, ignoriert die Kompetenzen unserer kommunalen Selbstverwaltung – und ist ein Affront gegen die Bürgerinnen und Bürger, die immer mehr gegängelt werden, anstatt sie vor dem Virus zu schützen.
Abgesehen von sehr grundsätzlichen (verfassungs)rechtlichen Bedenken fehlt dem Bund auch moralisch die Legitimation für diesen Schritt. Wir sind im 14. Corona-Monat – und die Bundesregierung ist immer noch den Beweis schuldig geblieben, dass sie diese Pandemie besser als andere bewältigen kann. Anstatt zu impfen, zu testen und die Kontaktverfolgung generalstabsmäßig zu organisieren, blieb sie monatelang untätig, verlor sich in bürokratischen Labyrinthen und trieb unser Land in eine Lockdown-Endlosschleife mit wenig Effekt, aber enormen Kollateralschäden. Nun so zu tun, als sei allein der Föderalismus das Problem, ist scheinheilig. Angela Merkels Talent, schwierige Situationen mit dickem Fell auszusitzen und wegzumoderieren, ist für echte Krisen wie diese Pandemie nicht geeignet. Die Selbstverständlichkeit, mit der sie sich immer wieder über die Gewaltenteilung von Legislative und Exekutive als Grundfeste unserer Demokratie hinwegsetzt, ist hingegen atemberaubend.
Nun schlägt die Stunde der Judikative. Klagen gegen die Gesetzesinitiative sind programmiert.
Und wieder vergeht darüber wichtige Zeit: Um die Impfkampagne voranzutreiben, um Infektionsketten digital zu verfolgen, um eine Teststrategie zu entwickeln, die Kontaktbeschränkungen möglichst ersetzt – und um so endlich aus dem Lockdown herauszukommen, anstatt ihn nun auch noch zentral aus dem Berliner Elfenbeinturm heraus zu regeln.
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