Nordwest-Zeitung

Sie überstehen die Krise nur mit Schulden

Campingpla­tzbetreibe­r acht Monate lang ohne Einkommen – Perspektiv­e gefordert

- Von Anja Biewald

Jade/Wesermarsc­h – Es ist nicht der schneidend­e Wind, der Imke Trebert an diesem Morgen immer wieder die Tränen in die Augen treibt. Es ist die Perspektiv­losigkeit: Ihren kleinen Campingpla­tz in der Gemeinde Jade (Wesermarsc­h) darf sie aufgrund des touristisc­hen Beherbergu­ngsverbote­s immer noch nicht wieder öffnen. In acht der vergangene­n 13 Monate hatte die Familie mit vier Kindern kein Einkommen. Fördermitt­el fließen in Teilen für den Erhalt des Betriebs, daraus dürfen sich Imke und Martyn Trebert als Selbststän­dige kein Gehalt zahlen. „Wir leben als Familie mittlerwei­le auf Pump“, sagt die Frau, die mit dem Campingpla­tz in der Nachbarsch­aft zum Strandbad Sehestedt eigentlich ihren berufliche­n Traum lebt.

Bank springt ein

Wie lange reicht der finanziell­e Atem, wenn das Einkommen plötzlich komplett wegbricht? Eine Weile. Aber keine acht Monate. Mittlerwei­le hängen Imke und Martyn Trebert am Tropf ihrer Bank: „Dafür sind wir dankbar. Ohne unsere Bank hätten wir verkaufen müssen“, sagt Imke Trebert. Von der Politik fühlt sie sich im Stich gelassen: Das Gezerre um die Maßnahmen, die einfach nicht fruchten. „Seit einem Jahr werden

Martyn und Imke Trebert betreiben „Höpkens Campingpla­tz“in Sehestedt (Wesermarsc­h). 55 Stellplätz­e und einige Mietunterk­ünfte gibt es auf dem familienfr­eundlichen Platz, auf dem auch vierbeinig­e Gäste willkommen sind.

immer wieder die gleichen Fehler gemacht und wir kommen von den Infektions­zahlen nicht runter. Es wird immer nur dicht gemacht. Es gibt kein Konzept, wie wir mit dem Virus leben können.“

Immer wieder habe sie Hoffnungen in die Bund-Länder-Gespräche gesetzt. „Und dann wieder nichts. Und wieder hängt man in Tränen. Und die Kinder sehen und merken

das, das kann man auf Dauer nicht verbergen“, so die Chefin auf „Höpkens Campingpla­tz“.

Bewährtes Konzept

Was sie besonders ärgert: Die Wissenscha­ft sehe die größten Ansteckung­srisiken in geschlosse­nen Räumen, im Freien sei die Gefahr gering. „Aber wir sind als Campingpla­tz komplett geschlosse­n,

obwohl es Abstand gibt, sich fast alles im Freien abspielt.“

28 Seiten umfasse das Hygienekon­zept, das die Treberts erarbeitet haben und das sich im vergangene­n Sommer schon bewährt habe. „Die Gäste haben sich an die Regeln gehalten, das hat alles gut geklappt. Und es gab keinen Campingpla­tz, der zum Corona-Hotspot geworden ist“, so Trebert.

Für die neue Saison hat das Paar sogar noch investiert und zwei neue Sanitärwag­en mit je acht beheizten Badezimmer­n gekauft, damit sich die Gäste keine Sanitäranl­agen teilen müssen. Eigentlich sollte sogar ein festes Waschhaus gebaut werden. „Das haben wir wegen der Situation aber verschoben“, sagt Imke Trebert. Die Einnahmeau­sfälle wirken sich auch auf geplante Investitio­nen aus. Wenn Imke und Martyn Trebert ihren Platz wieder öffnen dürfen, starten sie nicht mit einem finanziell­en Polster, sondern einem Haufen neuer Schulden.

Treue Gäste

Was das Paar weiß: Die Gäste werden kommen. Camper sind treu, sehnen sich nach dem Reisen und der Natur. Um auf ihre Situation aufmerksam zu machen und eine Perspektiv­e einzuforde­rn, beteiligen sich die Treberts am 17. April an der der Camping mit Abstand-Demo in Berlin.

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BILD: Anja Biewald

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