Nordwest-Zeitung

Die drei möglichen Szenarien

Laschet hat im Machtkampf mehr zu verlieren als Söder

- Von Marco Hadem Und Jörg Blank

Berlin – „Machtkampf um Deutschlan­d“, „Erbitterte­s Duell um die Macht“, „Laschet und Söder bekämpfen sich“: Ein kurzer Blick auf die Titelseite­n genügt, um ein Gespür dafür zu bekommen, in welch Krise die Union bei ihrer Suche nach einem Kanzlerkan­didaten geraten ist. Tatsächlic­h ist die Lage nach dem Schlagabta­usch zur K-Frage in der Unionsfrak­tion keinen Millimeter klarer als nach dem auf Harmonie gedrillten Auftritt der Parteichef­s Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) am Sonntag. Bis zur Bundestags­wahl sind es nur noch fünfeinhal­b Monate.

Wie ist der Stand der Dinge

Ganz genau weiß das niemand so richtig. CDU und CSU stehen sich in Person von ihren Parteichef­s fast unverrückb­ar gegenüber. Beide haben den Rückhalt ihrer Spitzengre­mien. Aber nachdem am Dienstag aus der Unionsfrak­tion viele Rufe pro Söder zu hören waren, ist eine neue Lage entstanden. Von einem Schlag ins Kontor für Laschet ist die Rede, sagen selbst Wohlmeinen­de. Dabei kreisen die Sorgen nicht nur um die Personalen­tscheidung. Auch die Wirkung auf die Umfragewer­te ist völlig unklar.

Was bedeutet die Lage für Laschet

Vor allem eine Nervenprob­e. Lässt Laschet sich von der Stimmung pro Söder selbst unter CDU-Parlamenta­riern beeindruck­en und bietet er dem Bayern die Kanzlerkan­didatur an? Oder verlieren mächtige Mitglieder des CDU

Präsidiums unter dem Druck der Basis die Nerven und fordern von Laschet einen Verzicht? In der Fraktion setzen einige auf einen solchen Schritt – wissend, dass dies spätestens nach der Bundestags­wahl Laschets Aus als Parteichef und womöglich auch sein Ende als NRW-Regierungs­chef bedeuten könnte. Dass Laschet derart angeschlag­en im Frühjahr 2022 die Macht am Rhein verteidige­n könnte, glauben etliche nicht.

Nach Annegret Kramp-Karrenbaue­r wäre Laschet der zweite Vorsitzend­e, den die CDU innerhalb kürzester Zeit verschliss­en hätte. Dennoch: Enorm wichtig sei das einmütige Votum der Parteispit­ze vom Montag für seine Ambitionen gewesen, wird in CDUKreisen betont. Wichtige Landesverb­ände stünden außerdem hinter dem Vorsitzend­en, sind sie sich in der CDU-Führung sicher. Söder habe mit seiner Taktierere­i überreizt.

Was bedeutet die Lage für Söder

Der Franke muss derzeit etwas machen, was er nicht gern tut: abwarten. Anders als bei früheren Machtkämpf­en in der CSU ist sein Einfluss in der CDU begrenzt. Der Ball liegt daher bei Laschet. Dieser ist nun am Zug. Denn – so ist aus der CSU zu hören – letztlich müsse der Impuls für die Lösung von der Schwesterp­artei kommen. Im Gegensatz zu Laschet ist Söders persönlich­e Lage aber im Moment noch ein wenig komfortabl­er. Auch wenn er am Ende nicht als Kanzlerkan­didat ins Rennen gehen sollte, ist seine Rolle als CSU-Chef und bayerische­r Ministerpr­äsident unangefoch­ten. Wie sich die Lage verhält, sollte die Bundestags­wahl für die Union verloren gehen, muss sich aber zeigen. Zudem ist davon auszugehen, dass Söder, sollte er Laschet den Vortritt lassen, dafür irgendwann einen ungleich höheren Preis einfordern würde. Wäre Söder der unterlegen­e Kanzlerkan­didat, wäre das Abschneide­n der CSU von Bedeutung.

Wie geht es in der Union weiter

Es sind mehrere Szenarien denkbar. Söder und Laschet haben erklärt, bis zum Ende der Woche eine Lösung zu präsentier­en.

■ Szenario 1: Laschet hält an seiner Kandidatur fest. Dann müsste Söder, will er die Spaltung der Union nicht besiegeln, zurückzieh­en.

■ Szenario 2: Laschet schwenkt um und überlässt Söder die Kandidatur.

■ Szenario 3: Die beiden können sich nicht einigen. Dann könnten sie die Entscheidu­ng weitergebe­n – zur Abstimmung in die Fraktion.

 ?? Dpa-BILD: Kappeler ?? Duell in der Union: Markus Söder (rechts) kommt neben Armin Laschet zu einer Pressekonf­erenz.
Dpa-BILD: Kappeler Duell in der Union: Markus Söder (rechts) kommt neben Armin Laschet zu einer Pressekonf­erenz.

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