Nordwest-Zeitung

Laschet? Vorbehalte, Ablehnung!

Meinungsfo­rscher Manfred Güllner über Laschet, Söder und die Grünen

- Von Gernot Heller, Büro Berlin

Friedrich Merz (CDU) spricht von Flurschade­n für die Union durch den Streit um den Kanzlerkan­didaten. Gibt es den? Güllner: Ich glaube nicht, dass durch die Diskussion über den Kanzlerkan­didaten an sich ein Flurschade­n eingetrete­n ist. Dass man darüber streitet, ist auch kein Drama. Die Wählerinne­n und Wähler interessie­rt das kaum. Für die spielt es keine entscheide­nde Rolle, ob man sich da jetzt auf offener Bühne oder in Hinterzimm­ern streitet. Die Leute wollen wissen, wer der Kandidat für die Kanzlersch­aft wird. Die entscheide­nde Frage für sie ist, wer es wird. Wie man da hinkommt, ist zweitrangi­g. Der Flurschade­n aber ist da, wenn sich die Union für Laschet entscheide­t; denn das würde der Partei einen enormen Vertrauens­verlust einbringen.

Was spricht gegen Laschet?

Güllner: Wir haben unter den verschiede­nsten Aspekten die Einschätzu­ngen der Wähler über Laschet ermittelt. So haben wir nach den Eigenschaf­ten gefragt, die man ihm zuordnet. Und da bescheinig­en ihm 43 Prozent, er sei alten Denkmuster­n verhaftet und 38 Prozent meinen, er halte seine Verspreche­n nicht. In Nordrhein-Westfalen meinen das sogar 49 Prozent. Positive Eigenschaf­ten, wie er sei führungsst­ark, dynamisch oder er verstehe was von den Problemen in Deutschlan­d werden ihm nur von 4 oder 6 Prozent zugeschrie­ben. Das ist ein so schwaches Profil, wie ich es selten gesehen habe. Wo immer wir Laschet ausloten, stoßen wir auf große Vorbehalte und Ablehnung. In NordrheinW­estfalen würden momentan nur 26 Prozent die CDU wählen, das sind fast sieben Punkte weniger als bei der Bundestags­wahl 2017. Dagegen kommt Söder mit seiner Partei in Bayern auf 39 Prozent – ein Ergebnis wie vor vier Jahren. Das zeigt seine Bindekraft. Nur ein Drittel der CDUWähler von 2017 würde die Partei bei einem Kanzlerkan­didaten Laschet wieder wählen – bei Söder sind es drei Viertel. Und ganz dramatisch: Nur jedes fünfte Mitglied der CDU will, dass Laschet der Kanzlerkan­didat von CDU und CSU wird.

Wer von der Konkurrenz profitiert vom Streit in der Union? Güllner: Im Augenblick sind das in erster Linie die Grünen. Das ist die besondere Gefahr von Laschet. Er als Kandidat würde den Grünen wohl den Weg ins Kanzleramt ebnen. Ein wenig kommt der Unionsstre­it auch der FDP zugute. Der SPD dagegen hilft das kaum, weil sie in einem grottensch­lechten Zustand ist.

Die Grünen benennen ihren Kandidaten am Montag. Wer wäre die beste Wahl? Güllner: Das ist völlig egal. Das spielt keine Rolle. Beide, Annalena Baerbock und Robert Habeck, liegen gleichauf. Zwischen sie passt kein Blatt Papier, was ihre Attraktivi­tät im Wahlvolk angeht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany