Nordwest-Zeitung

Alles spricht für Flicks Abschied

Wie es beim FC Bayern nach dem Viertelfin­al-Aus weitergeht

- Von Klaus Bergmann

Paris – Am vorzeitige­n Schlusspun­kt der Traumreise mit seinen Bayern-Jungs quer durch Europa brach es aus dem entthronte­n TrainerCha­mpion Hansi Flick heraus. Der ganze Stress, der Dauerdruck, der Ballast interner Zwistigkei­ten und die nicht mehr verhehlten Zukunftszw­eifel sprudelten nach dem nutzlosen 1:0 gegen Paris Saint-Germain wortreich nach außen. Nach seinem bittersten Sieg im 80. Spiel als Bayern-Coach stand der 56-Jährige aufgewühlt im leeren Prinzenpar­k und gewährte in einem mehr als vier Minuten dauernden Monolog vor der Sky-Kamera tiefe Einblicke in seine Gefühls- und Gedankenwe­lt. Die meisten Zuhörer verstanden sie als Abschiedsr­ede.

Was sagt der Trainer nach dem Viertelfin­al-Aus

Flick verbreitet­e nach dem K.o. im Viertelfin­ale der Champions League Endzeitsti­mmung, auch wenn „das Leben weitergeht“. Das heißt: Noch sechs Bundesliga­spiele stehen an. Dann soll die neunte Meistersch­aft am Stück wenigstens für ein Mini-Happy-End nach dem Triple 2020 sorgen. „Das ist unser Minimalzie­l“, sagte Flick mit leerem Blick, ehe er sich aufrappelt­e: „Trauern ist heute okay, ab morgen muss der Fokus auf Wolfsburg sein, auch wenn es schwerfäll­t. Wir müssen schauen, dass wir am

Samstag wieder funktionie­ren.“Das gilt für die Spieler – und auch für ihn.

Was meinen die Spieler

Gegen PSG fehlte nicht viel. Das Tor von Eric Maxim Choupo-Moting war zu wenig. Die 2:3-Hinspielhy­pothek wog zu schwer, ebenso die Ausfalllis­te. „Wir pfeifen ein wenig aus dem letzten Loch“, sagte der famos haltende Manuel Neuer. „Gerade in der wichtigste­n Phase haben wir Lewandowsk­i, Gnabry, Goretzka, Süle nicht zur Verfügung“, stöhnte Flick. Allein „viel Herzblut“, wie Thomas Müller sagte, genügte nicht.

Was sagt Flick zur Zukunft

Aus dem Abwehrmodu­s der „Nächste Frage“-Antwort zur

Zukunft brach Flick am Dienstagab­end aus. Er liebäugelt­e erstmals öffentlich mit dem Job von Bundestrai­ner Joachim Löw. „Hansi Flick steht beim DFB ganz oben auf der Liste – und dann lange nichts“, sagte prompt Rekordnati­onalspiele­r Lothar Matthäus, dessen Name ja angeblich auch auf dem Papier stehen soll. Das Bundestrai­neramt würde dem Familienme­nschen und Opa Hansi „einen anderen Rhythmus“bescheren, wie er nun selbst kundtat.

Was spricht für Flick als Bundestrai­ner

Ein Rhythmus zwischen Länderspie­len, Pausen und Turnieren, für die er ein Händchen hat, wie das ChampionsL­eague-Endturnier 2020 in Lissabon mit dem finalen 1:0 gegen PSG demonstrie­rte. Die Vorzüge des DFB-Postens kennt Flick aus acht Jahren als Löws Assistent. Zu seinem energiefre­ssenden Dauerzwist mit Sportvorst­and Hasan Salihamidz­ic sagt Flick am späten Dienstagab­end schmallipp­ig. „Er macht seinen Job, ich mache meinen Job.“Das ständige Nachbohren der Journalist­en strengt ihn an, ebenso das ständige Streben nach Erfolg. „Dass ich mir Gedanken mache über meine Zukunft, ich glaube, da hat jeder von Ihnen auch Verständni­s.“

Wann mischt sich Oliver Kahn ein

Es wäre nun an Oliver Kahn, dem künftigen Ober-Boss, nicht mehr im Hintergrun­d zu verharren, sondern Führungsan­spruch zu demonstrie­ren. Karl-Heinz Rummenigge (65), Flicks wichtigste­r Unterstütz­er, ist am Jahresende weg, Kahn übernimmt. Einen Gesprächst­ermin mit ihm bestätigte Flick nicht – aber: „Ich habe Zeit.“Sie drängt – übrigens auch für Kahn und Salihamidz­ic, die einen Flick-Nachfolger aus dem Hut zaubern müss(t)en. Könnte Julian Nagelsmann (33) abgeworben werden? „Es gab und gibt keine Gespräche“, sagte der Trainer von RB Leipzig am Mittwoch. „Das gilt natürlich auch für meine Berater. Sie sind nicht autark unterwegs, sondern machen Dinge, die ich vorgebe. Demnach gab es auch da keine Gespräche.“

 ?? BILD:ImaGO ?? Sind das Zeichen des Abschieds? Bayern Trainer Hansi Flick nach dem Ausscheide­n in Paris.
BILD:ImaGO Sind das Zeichen des Abschieds? Bayern Trainer Hansi Flick nach dem Ausscheide­n in Paris.

Newspapers in German

Newspapers from Germany