So wird die Notbremse gezogen
Konsequenzen in Oldenburg: Lernen auf Distanz und Einkauf auf Bestellung
Oldenburg/Ammerland – Auch wenn der Inzidenzwert für Oldenburg am Freitag gesunken ist (115,9), bleibt die Stadt Hochinzidenzkommune. Damit einher gehen Regelverschärfungen. Die Stadt hatte die Notbremse gezogen, weil die Inzidenz-Werte dauerhaft über der 100er-Marke lagen. Betroffen ist davon seit Freitag der Einzelhandel. Ab Montag gelten aber auch neue Regeln für viele Schulen.
Seit Freitag ist der bis dahin erlaubte Verkauf auf Termin (Click&Meet) wieder verboten. Erlaubt ist das Bestellen und Abholen (Click&Collect), auf das zum Beispiel auch Oliver Sklorz vom Oldenburger Bekleidungsgeschäft „Die Form“setzt. „Wir bieten alles an, was
technisch möglich ist“, sagt er. Auch Michael Meibers-Hinrichs vom Skateshop „Dogtown“konzentriert sich auf Click&Collect. Wie es weitergeht, kann der Geschäftsmann noch nicht abschätzen. Allerdings befürchtet er, dass er länger schließen muss.
Gelassener blicken die Schulen dem weitgehenden Wechsel vom Wechselunterricht in das Distanzlernen entgegen. Betroffen sind vor allem Schüler aus der Sekundarstufe
I. „Wir kennen das Lernen auf Distanz aus der Vergangenheit und werden das auch hinbekommen“, sagt Frank Marschhausen, Sprecher der Oldenburger Gymnasien.
Geteilt wird diese Einschätzung von Sven Winkler, Sprecher der Oldenburger Oberschulen. Er betont aber auch, dass das Distanzlernen für viele Schüler eine enorme Belastung darstellt. Fehlende soziale Kontakte und Mängel bei der technischen Infrastruktur seien dabei nur zwei problematische Aspekte.
Im benachbarten Ammerland verschärft sich derzeit die Situation. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt dort bei 112,9 – und damit den zweiten Tag in Folge im April über der 100erMarke. Ob auch hier die Corona-Auflagen verschärft werden, steht noch nicht fest. Die Behörden wollen am Montag entscheiden, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind.
Beobachtet wird auch eine zweite Entwicklung: So wurde erstmals im Ammerland eine der neuen Virusvarianten nachgewiesen. B.1.525 steht unter Verdacht, ansteckender und resistenter gegenüber Antikörpern zu sein – gesichert sind diese Erkenntnisse laut Robert-Koch-Institut noch nicht.
Oldenburg – Mehrere Tage in Folge schon liegt der Inzidenzwert in Oldenburg über der 100er-Marke. Um das Infektionsgeschehen einzudämmen, ist die Stadt von der Verwaltung zur Hochinzidenzkommune erklärt worden, was verschiedene Verschärfungen der Corona-Beschränkungen nach sich zieht.
Betroffen sind unter anderem der Einzelhandel, Schulen und Kitas. Unsere Redaktion hat mit Vertretern dieser Institutionen gesprochen. Sie berichten, wie sie die neuen Regelungen umsetzen.
■ Der Einzelhandel
Oliver Sklorz vom Bekleidungsgeschäft „Die Form“setzt auf Click & Collect. „Wir bieten alles an, was technisch möglich ist“, sagt der Eigentümer und verweist auf sein Online-Sortiment. Eine Anprobe im Laden ist zwar verboten, aber: „Auf Termin sind Maßanfertigungen erlaubt, weil das Handwerk ist. Das muss aber vorher telefonisch geklärt werden.“
Auch Michael Meibers-Hinrichs vom Skateshop „Dogtown“setzt auf Click & Collect und präsentiert über Social Media seine Waren, hinzu kommen Telefonverkauf und Facetime. Wie es um seine insgesamt neun Angestellten steht, kann der Eigentümer noch nicht abschätzen. Allerdings befürchtet Meibers-Hinrichs, dass er länger schließen
wird. Die Frage, wie die Sommerware dann verkauft werden soll, kann der Eigentümer nicht beantworten. Weiter kritisiert er, dass andere Geschäfte wie Gartenfachmärkte und Buchhandlungen aufhaben dürfen und spricht sich für einen harten vierwöchigen Lockdown aus, der alle betrifft, in dem nur die „wirklich relevante Geschäfte“öffnen dürfen.
■ Die Gastronomie
Für die Gastronomie ändert sich durch die Allgemeinverfügung nichts, wie Leonard Burdekat vom Restaurant „Ma“bestätigt. „Heißt, dass wir ganz normal unser to-goGeschäft machen“, so der Geschäftsführer. Dennoch geht er von einem Kundenrückgang aus, weil es durch die Einschränkungen auch leerer in der Innenstadt werden würde. „Wir werden sehen, wie sich das entwickelt, erstmal positiv bleiben“, sagt der MaGeschäftsführer, den dieses Vorgehen nicht überzeugt. „Ich glaube, dass der Punkt kommt, an dem genug Menschen geimpft sind und sich dann die Lage entspannt.“
■ Täglicher Bedarf
Oliver Hopp. Leiter der Buchhandlung Isensee, freut sich, dass die Buchhandlung weiterhin geöffnet bleiben darfund hebt die Bedeutung für Kunden hervor: „Gerade in dieser schwierigen Zeit kann
das Lesen unterhalten, Mut machen, zum Nachdenken anregen und den Horizont erweitern“, sagt Hopp. Zur Einstufung von Oldenburg als Hochinzidenzkommune sagt er: „Persönlich hätte ich mir deutlich früher wissenschaftlich verlässliche Studien gewünscht, die fundiert herausstellen, wo man sich hauptsächlich mit dem Coronavirus infiziert.“, sagt der Leiter. Ihm scheint gerade der private Bereich in geschlossenen Räumen und das Berufsleben in Verbindung mit nicht konsequent eingehaltenen Regeln „ein großer Risikofaktor zu sein“.
■ Die Schulen
„Für uns hat es keine Auswirkungen, dass Oldenburg Hochinzidenzkommune ist“, sagt Nicole Gourdon-Brand, Sprecherin der Oldenburger Grundschulen. Der Unterricht laufe weiter im Wechselsystem. In den Oberschulen kommen ab Montag nur die Abschlussjahrgänge der Klassen 9. und 10. in die Schule. „Alle anderen Schüler sind im Distanzlernen“, sagt Sven Winkler, Sprecher der Oberschulen. Dabei würde er die Jugendlichen lieber in der Schule sehen, „damit soziale Kontakte und das gemeinsame Lernen nicht zum Erliegen kommen.“Ähnlich sieht es Frank Marschhausen, Sprecher der Oldenburger Gymnasien: „Kinder brauchen direkten Kontakt und einen strukturierten Tag. Je eher wir zum Wechselunterricht zurückkommen, desto besser.“
Geraldine Dudek vom Stadtelternrat berichtet von einer Mutter, die ihr geschrieben habe, dass für ihre Tochter eine Welt zusammengebrochen wäre, als sie gehört habe, dass sie ab Montag wieder zu Hause bleiben müsse. Das ewige Hin und Her sei für alle Beteiligten extrem ermüdend. „Mehr und vor allem eine längerfristige Klarheit wären schön.“