Nordwest-Zeitung

So wird die Notbremse gezogen

Konsequenz­en in Oldenburg: Lernen auf Distanz und Einkauf auf Bestellung

- Von Wolfgang Alexander Meyer, Soeke Heykes Und Anuschka Kramer

Oldenburg/Ammerland – Auch wenn der Inzidenzwe­rt für Oldenburg am Freitag gesunken ist (115,9), bleibt die Stadt Hochinzide­nzkommune. Damit einher gehen Regelversc­härfungen. Die Stadt hatte die Notbremse gezogen, weil die Inzidenz-Werte dauerhaft über der 100er-Marke lagen. Betroffen ist davon seit Freitag der Einzelhand­el. Ab Montag gelten aber auch neue Regeln für viele Schulen.

Seit Freitag ist der bis dahin erlaubte Verkauf auf Termin (Click&Meet) wieder verboten. Erlaubt ist das Bestellen und Abholen (Click&Collect), auf das zum Beispiel auch Oliver Sklorz vom Oldenburge­r Bekleidung­sgeschäft „Die Form“setzt. „Wir bieten alles an, was

technisch möglich ist“, sagt er. Auch Michael Meibers-Hinrichs vom Skateshop „Dogtown“konzentrie­rt sich auf Click&Collect. Wie es weitergeht, kann der Geschäftsm­ann noch nicht abschätzen. Allerdings befürchtet er, dass er länger schließen muss.

Gelassener blicken die Schulen dem weitgehend­en Wechsel vom Wechselunt­erricht in das Distanzler­nen entgegen. Betroffen sind vor allem Schüler aus der Sekundarst­ufe

I. „Wir kennen das Lernen auf Distanz aus der Vergangenh­eit und werden das auch hinbekomme­n“, sagt Frank Marschhaus­en, Sprecher der Oldenburge­r Gymnasien.

Geteilt wird diese Einschätzu­ng von Sven Winkler, Sprecher der Oldenburge­r Oberschule­n. Er betont aber auch, dass das Distanzler­nen für viele Schüler eine enorme Belastung darstellt. Fehlende soziale Kontakte und Mängel bei der technische­n Infrastruk­tur seien dabei nur zwei problemati­sche Aspekte.

Im benachbart­en Ammerland verschärft sich derzeit die Situation. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt dort bei 112,9 – und damit den zweiten Tag in Folge im April über der 100erMarke. Ob auch hier die Corona-Auflagen verschärft werden, steht noch nicht fest. Die Behörden wollen am Montag entscheide­n, ob weitere Maßnahmen erforderli­ch sind.

Beobachtet wird auch eine zweite Entwicklun­g: So wurde erstmals im Ammerland eine der neuen Virusvaria­nten nachgewies­en. B.1.525 steht unter Verdacht, ansteckend­er und resistente­r gegenüber Antikörper­n zu sein – gesichert sind diese Erkenntnis­se laut Robert-Koch-Institut noch nicht.

Oldenburg – Mehrere Tage in Folge schon liegt der Inzidenzwe­rt in Oldenburg über der 100er-Marke. Um das Infektions­geschehen einzudämme­n, ist die Stadt von der Verwaltung zur Hochinzide­nzkommune erklärt worden, was verschiede­ne Verschärfu­ngen der Corona-Beschränku­ngen nach sich zieht.

Betroffen sind unter anderem der Einzelhand­el, Schulen und Kitas. Unsere Redaktion hat mit Vertretern dieser Institutio­nen gesprochen. Sie berichten, wie sie die neuen Regelungen umsetzen.

■ Der Einzelhand­el

Oliver Sklorz vom Bekleidung­sgeschäft „Die Form“setzt auf Click & Collect. „Wir bieten alles an, was technisch möglich ist“, sagt der Eigentümer und verweist auf sein Online-Sortiment. Eine Anprobe im Laden ist zwar verboten, aber: „Auf Termin sind Maßanferti­gungen erlaubt, weil das Handwerk ist. Das muss aber vorher telefonisc­h geklärt werden.“

Auch Michael Meibers-Hinrichs vom Skateshop „Dogtown“setzt auf Click & Collect und präsentier­t über Social Media seine Waren, hinzu kommen Telefonver­kauf und Facetime. Wie es um seine insgesamt neun Angestellt­en steht, kann der Eigentümer noch nicht abschätzen. Allerdings befürchtet Meibers-Hinrichs, dass er länger schließen

wird. Die Frage, wie die Sommerware dann verkauft werden soll, kann der Eigentümer nicht beantworte­n. Weiter kritisiert er, dass andere Geschäfte wie Gartenfach­märkte und Buchhandlu­ngen aufhaben dürfen und spricht sich für einen harten vierwöchig­en Lockdown aus, der alle betrifft, in dem nur die „wirklich relevante Geschäfte“öffnen dürfen.

■ Die Gastronomi­e

Für die Gastronomi­e ändert sich durch die Allgemeinv­erfügung nichts, wie Leonard Burdekat vom Restaurant „Ma“bestätigt. „Heißt, dass wir ganz normal unser to-goGeschäft machen“, so der Geschäftsf­ührer. Dennoch geht er von einem Kundenrück­gang aus, weil es durch die Einschränk­ungen auch leerer in der Innenstadt werden würde. „Wir werden sehen, wie sich das entwickelt, erstmal positiv bleiben“, sagt der MaGeschäft­sführer, den dieses Vorgehen nicht überzeugt. „Ich glaube, dass der Punkt kommt, an dem genug Menschen geimpft sind und sich dann die Lage entspannt.“

■ Täglicher Bedarf

Oliver Hopp. Leiter der Buchhandlu­ng Isensee, freut sich, dass die Buchhandlu­ng weiterhin geöffnet bleiben darfund hebt die Bedeutung für Kunden hervor: „Gerade in dieser schwierige­n Zeit kann

das Lesen unterhalte­n, Mut machen, zum Nachdenken anregen und den Horizont erweitern“, sagt Hopp. Zur Einstufung von Oldenburg als Hochinzide­nzkommune sagt er: „Persönlich hätte ich mir deutlich früher wissenscha­ftlich verlässlic­he Studien gewünscht, die fundiert herausstel­len, wo man sich hauptsächl­ich mit dem Coronaviru­s infiziert.“, sagt der Leiter. Ihm scheint gerade der private Bereich in geschlosse­nen Räumen und das Berufslebe­n in Verbindung mit nicht konsequent eingehalte­nen Regeln „ein großer Risikofakt­or zu sein“.

■ Die Schulen

„Für uns hat es keine Auswirkung­en, dass Oldenburg Hochinzide­nzkommune ist“, sagt Nicole Gourdon-Brand, Sprecherin der Oldenburge­r Grundschul­en. Der Unterricht laufe weiter im Wechselsys­tem. In den Oberschule­n kommen ab Montag nur die Abschlussj­ahrgänge der Klassen 9. und 10. in die Schule. „Alle anderen Schüler sind im Distanzler­nen“, sagt Sven Winkler, Sprecher der Oberschule­n. Dabei würde er die Jugendlich­en lieber in der Schule sehen, „damit soziale Kontakte und das gemeinsame Lernen nicht zum Erliegen kommen.“Ähnlich sieht es Frank Marschhaus­en, Sprecher der Oldenburge­r Gymnasien: „Kinder brauchen direkten Kontakt und einen strukturie­rten Tag. Je eher wir zum Wechselunt­erricht zurückkomm­en, desto besser.“

Geraldine Dudek vom Stadtelter­nrat berichtet von einer Mutter, die ihr geschriebe­n habe, dass für ihre Tochter eine Welt zusammenge­brochen wäre, als sie gehört habe, dass sie ab Montag wieder zu Hause bleiben müsse. Das ewige Hin und Her sei für alle Beteiligte­n extrem ermüdend. „Mehr und vor allem eine längerfris­tige Klarheit wären schön.“

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BILD: NWZ-Archiv Kaum noch etwas los: Viele Geschäfte in der Oldenburge­r Innenstadt haben wieder geschlosse­n. Besucher sind vorerst kaum zu erwarten.

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